4. Tag:
Natur und Kultur in der Normandie.
Mit dem Mietwagen entlang der Küste nach Étretat, Fécamp & Honfleur

Mann, Mann, Mann, was bin ich faul geworden! Ich kann mich noch gut an meine ersten Kreuzfahrten erinnern, auf denen das Fotografieren beim Einlaufen in einen Hafen ein Muss für mich war - egal, zu welcher Tageszeit. Tja, lang ist's her. Heute jedenfalls konnte mich um 7 Uhr morgens noch nichts aus den Federn locken.

Um diese Zeit liefen wir in Le Havre ein. Die zweitgrößte Stadt der Normandie wurde im 2. Weltkrieg fast vollkommen zerstört, so dass es kaum mehr historische Gebäude zu sehen gibt, dafür aber eine modern-ansprechende Architektur.

Bild Bereits 2012 hatten wir uns die Stadt während unserer Westeuropa-Kreuzfahrt mit der Celebrity Reflection näher angesehen. Damals hatten wir uns gegen Paris und für die Hafenstadt entschieden. Eine gute Wahl, denn in Le Havre kann man sich durchaus aufhalten.

Doch für dieses Mal stand natürlich wieder etwas Neues auf dem Programm. Schließlich ist die Normandie bekannt für eine Vielzahl von Natur- und Kulturwundern. Und so entschieden wir uns ziemlich schnell für einen Mietwagen, um die Gegend in aller Ruhe auf eigene Faust erkunden zu können. Genügend Zeit hatten wir ja schließlich.

Einige aus der Gruppe hatten ebenfalls ihr Interesse daran bekundet und so mieteten wir bereits von zu Hause aus zwei Siebensitzer bei Enterprise an. Die Buchung und Vorabinformation war zwar alles andere als freundlich, die Abwicklung vor Ort dann jedoch einwandfrei.

Während Toni mit dem zweiten Fahrer schon vorab los startete, um die beiden Autos in der Station am Kai du Southampton abzuholen (etwa eine Viertelstunde Fußweg vom Hafen entfernt), spazierten wir langsam unseren Männern entgegen und gegen 10 Uhr konnte die Tour dann auch schon losgehen.

Bild Über die Route waren wir uns schnell einig, denn die Planer wollten das gleiche sehen und der Rest vertraute uns blind. ;-) Und so ging es daher erst einmal entlang der Küste, durch malerische Orte hindurch, zu unserem ersten Ziel: Étretat. Das Wetter war heute hervorragend. Blauer Himmel und Sonnenschein, warme Temperaturen. Perfekt.

Der Grund für unseren Besuch dieses kleinen Seebads: Die Côte d'Albâtre (Alabasterküste). Sie erstreckt sich rund 120 km von Le Havre nach Nordosten bis Le Tréport und bietet mehrere, bis über 100 m hohe Steilklippen.

Bild Hier in Étretat soll der Ausblick darauf mit am Beeindruckendsten sein und das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. So stellten wir die Autos am Fischerhafen ab (gebührenpflichtig, Automat, Stand: September 2015) und spazierten gemütlich entlang der Promenade.

Schon der erste Anblick begeisterte uns. Das kleine Städtchen im Hintergrund, die Fischerboote im Hafen, vor uns der Strand und links und rechts die Klippen. Was für ein schönes Fleckchen!

Auf's Meer blickend, liegt rechterhand Porte d'Amont. Sie ist das kleinste der drei Felsentore. Auf dem Gipfel oberhalb der Klippe befindet sich die Kapelle Notre-Dame-de-la-Garde. Wir überlegten kurz, ob wir auf diese Klippe oder lieber auf die gegenüberliegende Falaise d'Aval spazieren sollen und entschieden uns schließlich für letzteres.

Ein gut gepflegter, zum Teil auch etwas steiler Wanderweg zieht sich die Klippe hoch. Immer wieder blieben wir stehen, um die atemberaubenden Ausblicke zu genießen. Sie erinnerten mich ein wenig an die "legendären" Cliffs of Moher in Irland, die wir vor vielen, vielen Jahren (2002) besucht hatten (legendär deshalb, weil ich dort meinen Heiratsantrag bekommen habe ;-). Den Anblick hätte ich stundenlang genießen können.

Bild Hier oben befindet sich auch der Golfplatz "Golf d'Étretat". Er gehört zu den drei schönsten Golfplätzen Frankreichs. Kein Wunder, bei dieser Aussicht und den anspruchsvollen Bahnen. Da hätte es selbst mich wieder gejuckt, aber nach so vielen Jahren Pause wäre das sicher alles andere als ein Erfolgserlebnis geworden.

Ganz oben angekommen, konnten wir sowohl den rund 1.400 Einwohner zählenden Ort Étretat schön überblicken als auch die Manneporte. Das heißt übersetzt "großes Tor" und liegt direkt hinter der Porte d'Aval und ist auch etwas größer als diese. Ebenfall zu sehen: Die rund 70 m hohe Aiguille, die Felsennadel.

Über eine Stunde hielten wir uns auf, spazierten immer weiter die Klippe entlang. Alle paar Meter bot sich uns ein neues, wundervolles Fotomotiv. Hier hätte man sich gut einen ganzen Tag aufhalten können, denn Wanderwege gibt es genug. Besonders herausragend muss dabei das 7 km lange Teilstück des Fernwanderwegs GR21 von Étretat nach Fécamp sein, der von vielen Seiten empfohlen wird.

Doch dafür hatte wir heute leider keine Zeit bzw. war es ja auch gar nicht geplant und irgendwann mussten wir uns dann leider doch wieder loseisen von den Klippen, schließlich hatten wir noch einiges vor.

Und schon gab es eine kleine Planänderung. Ursprünglich war der Besuch von Rouen geplant, der "Hauptstadt" der Normandie. Doch das Navi zeigte uns als einfache Fahrzeit knapp 1 1/2 Stunden an - das war zu lang. Da würden wir bei diesem herrlichen Wetter ja fast nur im Auto sitzen, müssten außerdem durch die Stadt hetzen, um dann rechtzeitig wieder in Honfleur zu sein. Das wollten wir nicht. "Weniger ist mehr". Dann verschieben wir Rouen eben auf unseren nächsten Besuch hier und konzentrieren uns heute auf die nähere Umgebung.

Bild Weiter ging es daher erst einmal nach Fécamp. Das ehemalige Fischerdorf hieß ursprünglich Fiskhavn und erinnert damit daran, dass vor rund 1000 Jahren die Gegend von den Skandinaviern erobert wurde. Es wird von den höchsten Steilklippen der Normandie umrahmt. Das Cap Fagnet überragt Fécamp mit rund 110 m Höhe.

Wir steuerten nun die katholische Stephanskirche St.-Étienne an. So wie sie heute hier steht, wurde sie im 16. Jahrhundert erbaut. Seit 1921 gehört sie zu den "Monument Historique" Frankreichs.

Von hier spazierten wir quer durch die Stadt weiter zu einer etwas größeren und weit imposanteren Kirche, der Abteikirche La Trinité de Fécamp. Sie stammt aus dem 7. Jahrhundert und wurde von einer Mönchsgemeinschaft errichtet. Wie die meisten anderen Kirchen auch, fiel auch sie eines Tages einem Überfall zum Opfer und wurde später wieder neu aufgebaut. Das Innere ist wirklich beeindruckend und der Besuch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Direkt an die Abtei angeschlossen befindet sich das Rathaus der Stadt.

Bild Auf dem Weg zurück zum Auto kamen wir an der ein oder anderen "Boulangerie" vorbei, aus denen es so herrlich nach Baguette duftete, dass wir uns hier einfach kurz stärken mussten. So viel Zeit muss sein!

Eine knappe Stunde dauerte schließlich die Fahrt von Fécamp nach Honfleur. Auf der Karte sieht alles so nah beieinander aus, doch tatsächlich legt man ganz schöne Fahrtstrecken zurück. Weil wir aber auch etwas von der Landschaft sehen wollten, verzichteten wir verständlicherweise auf die Autobahn und fuhren zum Teil sehr abenteuerliche Straßen entlang. Manch einer im Auto hatte wohl schon angst, irgendwo stecken zu bleiben. ;-)

Die Hafenstadt Honfleur liegt an der Mündung der Seine und zählt zu den schönsten Orten der Normandie. Im 11. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt, entwickelte sie sich im 19. Jahrhundert zum Kunst- und Kulturzentrum. 1814 wurde hier der Maler Eugène Boudin geboren, aber auch der wohl eher bekannte Claude Monet war häufig hier zu Gast.

Bild Bekannt und wunderschön anzusehen ist das Vieux Bassin, das alte Hafenbecken. Es wurde im 17. Jahrhundert auf Befehl Ludwig XIV. erbaut, im Hintergrund sind hochgeschossene, von Schiefer bedeckte Fassaden in den verschiedensten Farben zu sehen. Ein toller Anblick, unglaublich romantisch.

Leider hatte es zwischenzeitlich etwas zugezogen und wir konnten die Stadt nur noch unter einer dicken Wolkendecke betrachten. Schade. Aber immerhin war es trocken.

Da jeder von uns etwas anderes vorhatte, trennte sich die Gruppe schließlich und so bummelten Toni und ich erst einmal den Vieux Bassin entlang. Hunger hatten wir zwar keinen, kehrten aber auf einen Kaffee und eine Waffel in einem der zahlreichen Cafés direkt am Hafenbecken ein.

Die kleine Pause tat mir gut. Heute Morgen war ich mit bösen Halsschmerzen aufgewacht, die über den Tag hinweg auch leider nicht verschwinden wollten. Sah alles ganz nach einer Erkältung aus und irgendwie fühlte ich mich gerade so richtig matt. Also ab in die nächste Apotheke, vielleicht krieg ich ja noch die Kurve.

Neben dem alten Hafen hat Honfleur natürlich noch einiges mehr zu bieten und so spazierten wir kreuz und quer durch die Stadt. Obwohl der Tourismus hier nicht zu übersehen ist, blieb das Flair doch erhalten. Wir streiften durch die Gassen, blickten in den ein oder anderen Laden und trafen auf einige Maler mit ihren Leinwänden unterm Arm. Noch heute gilt Honfleur als magischer Ort für Künstler, was man auch an den zahlreichen Ateliers erkennen kann.

Bild Besonders schön empfand ich die Kirche Saint-Catherine im alten Seemannsviertel. Die angeblich älteste Holzkirche Frankreichs wurde im 15./16. Jahrhundert erbaut, hat einen frei stehenden Glockenturm und beherbergt heute ein Museum für religiöse Kunst. Dieser Bau ist wirklich einzigartig!

Auf unserem Rückweg zum Alten Hafen trafen wir wieder auf zwei aus unserer Gruppe und spazierten gemeinsam weiter. Schon auf unserer ersten gemeinsamen Kreuzfahrt rund um Westeuropa hatten wir in jedem einzelnen Hafen die verschiedenen, landestypischen (alkoholischen ;-) Köstlichkeiten getestet und so schlossen wir heute direkt daran an. Wir wollten einen Calvados probieren, den bernsteinfarbenen Apfelbranntwein aus der Normandie.

In Honfleur reiht sich ein Weinladen an den nächsten und wo hat man mehr Auswahl als hier? Wir stellten schnell fest, dass Calvados nicht gleich Calvados zu sein scheint - hier gab es ja alle möglichen Variationen! Da wir aber nicht gleich eine Flasche kaufen wollten und es in Frankreich in den Läden anscheinend nicht erlaubt ist, Getränke auszuschenken, schickte uns der Verkäufer in eine der angrenzenden Bars. Hier probierten wir schließlich das rund 40%ige Getränk. Who...HOW! Also wenn meine Halsschmerzen JETZT nicht verschwinden ..?!

Bild Das war jetzt noch ein richtig schöner Abschluss unseres Aufenthalts hier. Ganz langsam spazierten wir wieder zum Parkplatz, wo wir dann auch auf den Rest der Gruppe trafen. Inzwischen war es schon früher Abend geworden und die Müdigkeit stand jedem ins Gesicht geschrieben. Wir hatten eine Menge unternommen, konnten viele Eindrücke sammeln - jetzt freute sich aber auch jeder wieder auf ein wenig Erholung an Bord.

Über die Pont de Normandie ging es auf direktem Wege wieder zurück zum Hafen von Le Havre. Diese Schrägseilbrücke besitzt mit 856 Metern die größte Spannweite in Europa und überquert die Mündung der Seine. Sechs Jahre wurde an ihr gebaut, 1995 fand die Einweihung statt. Seitdem ist auch sie eine Sehenswürdigkeit Honfleurs. Die Straße ist mautpflichtig (5,40 € einfache Strecke, Stand: September 2015), es ist aber auch ehrlich gesagt ein kleines Erlebnis, hier mal entlang zu fahren. Abgesehen davon ist es der schnellste und kürzeste Weg zwischen Le Havre und Honfleur.

Zunächst unsere Leute zum Schiff und anschließend die Mietwägen zurück gebracht, trafen wir uns noch einmal alle in der TUI Bar auf ein Abschlussgetränk. Wir alle freuten uns über diesen sehr gelungenen Tag. Mietwägen sind eben doch immer wieder die beste Möglichkeit, eine Gegend stressfrei auf eigene Faust zu erkunden.

Bild Von den Anfängen eines Sonnenuntergangs begleitet, liefen wir langsam aus Le Havre aus und konnten dabei noch schöne Ausblicke auf die Stadt erhaschen.

Zum Abendessen ging es dieses Mal ins "Atlantik-Klassik"; nun hatten wir also alle drei Hauptrestaurants einmal ausprobiert. Welches der drei jedoch "das beste" war konnte ich gar nicht sagen.

Leider schafften wir es nicht mehr rechtzeitig zur Theatershow "Beatles Forever". Als wir ankamen, gab es keine Plätze mehr, bis auf den letzten Stuhl besetzt. Klar, die Beatles sind ein Thema, das immer funktioniert. Ein wenig blieben wir noch stehen, um zumindest einen kleinen Eindruck von der Show mitzunehmen. Doch der war leider nicht ganz so wie erhofft. Die Vorstellung wirkte wieder ziemlich hektisch, was nicht passte, und die gesangliche Leistung ... naja, reden wir nicht drüber.

Und so ging es eben wieder dorthin, wo wir immer nach dem Theater oder dem Essen anzutreffen waren: In die Schau Bar. Allzu lange hielten wir heute jedoch alle nicht mehr aus, denn morgen stand schon wieder ein langer Ausflugstag auf dem Programm: London!

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Fotoalbum Normandie im September 2015


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