3. Tag: Weiterfahrt nach Neuchâtel am Neuenburgersee & Stadterkundung


Heute Morgen sah man nicht mehr viel vom Sturm und Gewitter der letzten Nacht. Lediglich der Balkon war an manchen Stellen noch nass. Doch sonst war der Himmel blau mit wenigen Wolken und die Temperaturen schossen erneut in die Höhe.

Alles wieder in den Koffer gepackt und von diesem wunderbaren Zimmer verabschiedet (hier hätte ich es direkt eine Woche ausgehalten), checkte ich gegen 9.30 Uhr aus und machte mich schließlich mit der Metro wieder auf den Weg zum 'Lausanne-Gare', dem Hauptbahnhof, wo pünktlich um 10.07 Uhr der Zug in Richtung 'Neuchâtel am Neuenburgersee' startete.

Bild Je mehr ich mich meinem nächsten Ziel näherte, desto schlechter wurde leider auch das Wetter und es zogen dicke Wolken auf. Einerseits freute ich mich auf etwas Abkühlung, doch Regen brauchte ich jetzt auch nicht unbedingt. Aber es kommt eben wie es kommt.

Während des Weges hatte ich immer wieder schöne Ausblicke auf den Neuenburgersee, aber auch auf das 'Schloss Bevaix in Abbaye'. Eigentlich müsste man sich hier viel mehr Zeit nehmen, um all die kleinen Orte und die vielen Schlösser und Burgen rundherum besuchen zu können. Aber wer weiß, vielleicht komme ich ja mal wieder.

Pünktlich wie immer, erreichte ich um kurz vor 11 Uhr den Bahnhof von 'Neuchâtel/Neuenburg'. Hier wartete ich nur wenigen Minuten auf meine Schweizer Freundin Daniela, mit der ich mich für den heutigen Tag verabredet hatte. Ich freute mich sehr, dass sie Zeit gefunden hat, um mich auf meinem Kurztrip zu besuchen. Schließlich haben wir uns elf Jahre schon nicht mehr gesehen. Da ihr Neuenburg selbst sehr gefällt, beschloss sie, mir diesen Ort näher zu zeigen.

Nach den Tagen des Alleinseins freute ich mich auch wieder auf etwas Ansprache. Ich reise zwar gerne allein, weil ich dann einfach für mich bin, tun und lassen kann, wie, wo und was ich will und abgesehen davon so gut wie niemand meinen Drang, von Früh bis Spät unterwegs zu sein, teilt. Aber es war auch herrlich, sich mal wieder auszutauschen. Vor allem, wenn man sich so lange nicht mehr gesehen hatte.

Bild Der Bahnhof liegt im oberen, hügeligen Teil der Stadt, so dass wir erst einmal einen steilen Berg nach unten laufen mussten, um den Ortskern und damit auch mein gebuchtes 'Hotel des Arts' zu erreichen. Mir graute schon vor morgen, wenn ich mit dem Koffer den gesamten Weg wieder nach oben musste. Doch insgesamt waren es gerade mal zehn Minuten.

Mein Zimmer war leider noch nicht bezugsbereit, so dass ich lediglich meinen Koffer abstellte und wir uns ein paar Minuten später dann auch schon wieder auf den Weg machten. Und so zog es uns zuerst wohin? Natürlich an den See!

Vom Hotel ging es die 'Rue J.-L.-Pourtalès' entlang, als wir den kleinen Park 'Jeunes Rives' erreichten. Wir spazierten die Jeunes Rives entlang, rechter Seite der Neuenburgersee, und gelangten zur den Sportanlagen der Stadt. Da es hier ansonsten nicht viel Sehenswertes gab, drehten wir wieder um und liefen direkt zum kleinen Hafen vor dem 'Best Western Premier Hotel Beaulac'. Gleich dahinter befindet sich das Historische Museum.

Direkt am Hafen gibt es eine Zeile, in der lauter kleine Häuschen der ehemaligen Fischer, gerade mal so groß wie eine Telefonzelle, aneinandergereiht stehen. In bunten Farben bemalt. Eines davon hatte geöffnet und wir konnten einen Blick erhaschen. Ein älterer Herr hatte hier seine Flohmarktartikel aufbewahrt, wovon er gerade einen Teil an die Besucher verkaufte.

Bild Auf der Rückwand eines Kiosk entdeckten wir ein tolles Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Ein Vorgeschmack darauf, wie viele wundervolle Bilder bzw. Malereien uns hier in der gesamten Stadt noch erwarten würden.

Vorbei an der 'Öffentlichen Bibliothek der Universität' erreichten wir nach einiger Zeit den 'Place Pury', einer der Knotenpunkte der Stadt. Hier steht die 'Banque Cantonale', außerdem ein großer Kiosk aus der Zeit des 19. Jahrhunderts. Rund herum stehen auf dem Platz mehrere Stier-Skulpturen aus ganz besonderem Material.

Weiter ging es die 'Rue du Seyon', eine Einkaufsstraße, die heute aufgrund des Sonntages jedoch geschlossen war. An der Ecke 'Rue des Moulins/Rue de Château' steht der 'Fontaine de Banneret'. Wiederum ein sehr bunt-kitschiger Brunnen vor einer schönen Häuserfassade und gegenüber der 'Diesse Tower'. Wir entdeckten die 'Rue des Moulins', erreichten das 'Restaurant Du Banneret' und liefen anschließend die sehr steile 'Rue de Châteu' zum 'Schloss Neuchâtel' hoch. Auch hier war kaum etwas los, hin und wieder trafen wir auf ein paar Leute, doch die Gassen waren wie ausgestorben, was mir natürlich tolle Fotomotive bescherte.

Interessant zu sehen war, dass die sehr alten Häuserfassaden in den unterschiedlichsten Farben bemalt wurden. Grün, rot, dazu blaue Fensterläden. Ein buntes Etwas, doch im Gegensatz zu den Brunnen in keinster Weise kitschig.

Abgebogen auf die 'Rue de la Collégiale' erreichten wir die über 1000 Jahre alte Burganlage. Gleich zu Beginn steht die romanisch-gotische 'Kollegiatkirche Collégiale de Neuchâtel' mit dem Zwillingsturm. Sie war einst die Stiftskirche Notre Dame. Besonders schön ist der dazugehörige Kreuzgang, den wir uns natürlich etwas näher ansahen.

Bild Schloss Neuenburg gehörte ursprünglich zum Königreich Burgund und ging anschließend durch die Hände verschiedener Grafenfamilien, bevor es in den Besitz des Kantons Neuenburg überging und nun Sitz der neuen Regierung ist.

Der 'Parc du Château' bietet viele schattenspendende Plätze. Auf einer Anhöhe entdeckten wir einige Wolfs-Skulpturen; im selben Stil wie die Stiere in der Altstadt. Zudem hat man vom Schlossvorplatz einen weitreichenden Blick über die Stadt und den See.

Hier hielten wir uns eine Weile auf, besuchten alle Ecken der Anlage und machten uns anschließend wieder auf den Weg in die Altstadt. Diese Burganlage ist schön, für mich aber wirkte sie ein wenig auseinander gerissen, keine richtige Einheit.

Wieder in den Gassen und Straßen der Stadt angekommen, führte mich Daniela an ganz besondere Ecken. Denn Neuenburg ist bekannt für seine hervorragende Streetart-Kunst. Graffiti muss nämlich nicht immer nur Schmiererei bedeuten. Es kann durchaus eine gewinnbringende Verschönerung von Häuserfassaden sein. Und genau das wollte sie mir zeigen. Sie führte mich ganz gezielt in diverse Straßen und so etwas habe ich in der Tat noch nie gesehen! Das hier waren wahre Kunstwerke! Riesige Gemälde, ganze Geschichten wurden hier an die Wände gesprayt. Ob Fantasy, Historisches oder auch einfach nur Motive aus dem Alltag, wie eine Katze, eine Schnecke oder Blumentöpfe. Alles wurde hier perfekt in die Umgebung 'mit eingebaut'. Die Katze sitzt direkt neben der Haustür, ein Blumentopf stürzt gerade von einer bröckelnden Wand. Hier hat man sich in der Tat viele Gedanken gemacht und die Stadt damit an vielen Ecken unglaublich verschönert!

Bild Ein weiteres Highlight ist die 'Rue de Chavannes', eine bemalte Gasse, die alle paar Jahre mit spannenden Motiven bemalt wird. Aktuell ist es eine Wiese mit einem Fluss, Blumen und Schmetterlingen. Vor einiger Zeit war sie aber auch einmal mit einer optischen Täuschung eines Wassergrabens bemalt. Über die Straße sind Wäscheleinen gespannt. Doch diese Wäsche ist nicht etwa von den Bewohnern hier. Diese Wäsche hängt das ganze Jahr über und verleiht der Gasse ein ganz besonderes, südländisches Flair.

Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht mehr, was ich als erstes fotografieren sollte. Doch hätte mich Daniela nicht auf die vielen Kleinigkeiten aufmerksam gemacht, hätte ich vieles tatsächlich übersehen. Man muss hier schon ganz genau in alle Ecken blicken, um auch die kleinsten Bilder zu entdecken. Eine Einheimische grinste mich an und meinte nur, ob ich mir tatsächlich zur Aufgabe gemacht hätte, jedes einzelne Bild abzulichten? Denn dann hätte ich wahrlich viel zu tun.

Ich war wirklich hin und weg. So etwas Tolles habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Wer länger in Neuenburg verweilt, kann übrigens auch an einer Streetart-Schnitzeljagd teilnehmen, die vom Tourismusbüro angeboten wird.

Bild Wir spazierten wieder über die 'Place Pury' in Richtung See und erreichten nach einiger Zeit die Promenade 'Quai Ostervald'. Hier befindet sich die 'Aussichtsplattform La Passerelle de l'Utopie'. Der Steg ist auf der einen Seite mit dem Ufer verbunden, auf der anderen Seite jedoch freischwebend über dem Neuenburgersee. Direkt davor stehen zwei Figuren – Mann und Frau – aus dem 19. Jahrhundert, so aufgestellt, als würden sich beide soeben begegnen.

Doch so langsam wurde der Himmel immer dunkler und dunkler. Fürs Foto schöne Effekte, allerdings fing es dann auch langsam zu Regnen an und als wir am 'Hotel Du Peyrou' in der 'Avenue DuPeyrou' ankamen, kamen wir um unsere Schirme nicht mehr drumherum. Die Gäste des Hotels waren jedoch hartgesotten. Bei Jazzmusik saßen sie im Garten, unter Schirmen, und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen.

Auch wir spazierten noch eine Weile durch die Straßen, doch als es so richtig zu Schütten begann, flüchteten wir uns in die 'La Crêperie'. Eine süße kleine Bar, in der wir gerade noch so einen Platz bekamen, denn natürlich waren wir nicht die einzigen mit dieser Idee. Bei Kaffee und einem leckeren Crêpes überbrückten wir das Regenwetter und traten eine Stunde später wieder unter trockenen Himmel. Perfekt!

Bild Über die 'Rue de Trésor' und den 'Place des Halles' erreichten wir das 'Hotel und Restaurant Du Marché' mit schönen Erkern und einem etwas großzügigeren Vorplatz. Wir gingen wieder in Richtung des Sees und liefen den 'Quai Philippe-Godet' entlang, kamen an einem kleinen Bahnhof vorbei und drehten anschließend wieder um, um entlang einer kleinen Bucht zu spazieren. Von hier aus hatten wir einen tollen Blick auf das Schloss Neuenburg und die Altstadt. Das Wasser hier war trotz aktueller Bakterien glasklar und sah einfach toll aus.

Am Ende der Bucht erreichten wir die 'Esplanade du Mont Blanc', eine schöne kleine Parkanlage mit wundervollen Blumenbeeten und -arrangements. Im Hintergrund das Hotel 'Beau Rivage'. Nun kam auch wieder die Sonne zum Vorschein, zumindest drückte sie sich durch die Wolken, hin und wieder war auch wieder blauer Himmel zu sehen. Zahlreiche Fotos gemacht, ging es wieder gemütlich weiter, den 'Quai Ostervald' entlang, wo wir wiederum die uns schon bekannte Aussichtsplattform 'La Passerelle d l'Utopie' passierten.

An der 'Marina' angekommen, spazierten wir die Mole hinaus, an dessen Ende eine nette Skulptur zu finden ist. Ein alter Mann mit Engelsflügel sitzt auf einer Bank. Diese Skulptur hier und auch alle anderen in dieser Stadt waren heute großer Anziehungspunkt für die Leute. Überall gab es regelrechte Foto-Sessions.

Durch die Marina hindurch und die 'Jeunes Rives' entlang, erreichten wir sowohl das Eisstadion 'Patinoire du Littoral' des HC Université Neuchâtel, einem Verein der 1. Liga. Nur wenige hundert Meter daneben steht das Fußballstadion 'Stade de la Maladière'. Hier liefen wir noch eine ganze Weile entlang, als wir gegen 17 Uhr langsam wieder mein Hotel erreichten.

Bild Von Neuchâtel hatten wir nun soweit alles gesehen. Leider stand der nächste Regen kurz bevor und Daniela entschied sich für die Rückkehr nach Hause. Es war ein toller Tag mit ihr, ich habe die Stunden sehr genossen und hoffe, dass das nächste Treffen nicht wieder so lange auf sich warten lässt.

Während sie sich auf den Weg zum Bahnhof machte, checkte ich im Hotel ein. Das Zimmer war zwischenzeitlich fertig, aber leider nicht ganz so toll wie die vorherigen. Einen Balkon hatte ich nicht (das war mir aber bewusst) und auch sonst war es eher spärlich. Aber sauber und ausreichend für eine Nacht.

Meine Beine schmerzten, ich war müde, draußen prasselte der Regen ans Fenster und so legte ich eine rund zweistündige Pause ein. Die nutzte ich, um die nächsten Tage zu planen.

Gegen 19 Uhr bekam ich langsam Hunger. Erfreulicherweise war es wieder trocken und so spazierte ich zunächst noch etwas durch Gegend rund ums Hotel, entdeckte die 'Universität' wie auch die 'Notre Dame de l'Assomption' und lief im Anschluss weiter in die Altstadt, vorbei am 'Hotel de Ville' auf die 'Rue de l'Hôpital'. Dort entdeckte ich wiederum einen McDonalds. Da mich die anderen Lokale rund herum in der Tat nicht sonderlich ansprachen, holte ich mir ein kleines Menü und ließ es mir schmecken. Ein Hoch auf die Fastfood-Restaurants.

Um kurz nach 20 Uhr kehrte ich wieder zum Hotel zurück, arbeitete etwas am PC und ließ den Abend ganz gemütlich vor dem Fernseher ausklingen. Mal etwas früher ins Bett zu gehen, war auch nicht verkehrt. Die letzten Tage war ich doch immer sehr lange wach.

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