1. Tag: Anreise - Schengen - Esch sur Alzette - Luxemburg


Der Wetterbericht für Luxemburg verhieß eine Woche vor Abreise nichts Gutes. Regen, Regen, Regen - egal, welche Vorhersage man sich auch ansah. Christian und ich überlegten Tag für Tag, ob wir fahren sollen oder nicht. Die Entscheidung fiel letztlich am Abend zuvor; für den Kurztrip. Indirekt befürchteten wir allerdings beide, dass wir die vier Tage mehr in Museen als in der Natur verbringen würden. Aber egal. Wir wollten unbedingt dorthin.

Pünktlich um 5.30 Uhr klingelte es an meiner Tür und ich wurde abgeholt. Wir wollten zeitig fahren, damit wir uns auch schon am ersten Tag in Luxemburg umsehen konnten. Die Autofahrt war sehr ruhig und angenehm, es waren kaum Autos unterwegs und inklusive einer kleinen Frühstückspause erreichten wir bereits um 11.30 Uhr über die A8 vom Saarland kommend die Grenze zu Luxemburg. Das ging ja richtig flott.

Bild Gleich hinter der Grenze befindet sich das gerade mal 500 Einwohner starke Dörfchen Schengen an der luxemburgischen Mosel; allen bekannt durch das Schengener Abkommen. Am 14. Juni 1985 wurde auf einem Moselschiff ganz in der Nähe von Schengen das Übereinkommen unterzeichnet, das den Abbau der Kontrollen an den Grenzen und den freien Personen- und Warenverkehr vorsah.

Wir stellten unser Auto am Flussufer des Centre Européen ab und spazierten hier ein wenig entlang, stießen kurze Zeit später auch schon auf das Europadenkmal, das an die Vertragsunterzeichnung erinnert.

Von hier aus ging es weiter in die Dorfmitte. Wir liefen hier ein wenig entlang und suchten anschließend den im Reiseführer erwähnten Aussichtspunkt am Berg Stromberg auf. Hier wurden wir von Weinbergen umringt und hatten einen schönen Blick auf die Stadt, spazierten anschließend aber wieder zurück. Hier gibt es den ein oder anderen Wanderweg, der sicherlich sehr schön wäre; doch so viel Zeit hatten wir leider nicht.

Bild Besonders gut gefallen haben uns in Schengen das Schloss sowie die Überreste der Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert. Hier fühlten wir uns gleich wie im Märchen, der Turm sah aus, als würde Rapunzel gleich ihre Haare herunter lassen. Das Schloss war einst ein Kinderheim, wurde 2010 jedoch in ein Hotel umgewandelt. Wir liefen ein wenig durch den kleinen, aber sehr schönen und gepflegten Barockgarten, machten zahlreiche Fotos und marschierten anschließend über den Kräutergarten zurück zum Flussufer.

Dort befindet sich das Europäische Museum (Eintritt frei, Stand: Juni 2012), in dem auf rund 200 qm der Besucher viel Wissenswertes über die Geschichte und die Bedeutung des Schengener Abkommens erfährt. Natürlich schauten wir uns auch hier etwas näher um und waren ganz begeistert von den verschiedenen, ausgestellten, Pässen aller EU-Länder. Zusätzlich findet man interaktive Terminals und einige Fotos.

Zwischen Flussufer und dem Europäischen Museum steht die "Säule der Nationen". Sie wurde 2010 zum 25. Jahrestag errichtet und enthält Löcher in Form von Sternen, die die einzelnen Mitgliedsstaaten symbolisieren sollen. Manche der Löcher sind jedoch auch mit Symbolen gefüllt, so gibt es z. B. einen Deutschland-Stern, einen Holland-Stern und einen Belgien-Stern. Wirklich wunderschön gemacht und sehr beeindruckend.

Das Wetter sah inzwischen auch vielversprechend aus. Zunächst noch bewölkt, kam plötzlich die Sonne heraus und blauer Himmel kämpfte sich durch die Wolken. Na das sah ja gut aus. Nur weiter so! :-)

Bild Alle Fotos gemacht, setzten wir uns wieder ins Auto und fuhren unserem nächsten Ziel entgegen: Esch-sur-Alzette. Einmal quer durch die Stadt gefahren und einen ersten Überblick verschafft, stellten wir das Auto schließlich am Stadtrand ab und spazierten zu Fuß hinein.

Esch-sur-Alzette ist die zweitgrößte Stadt des Landes und Wirtschafts- und Verwaltungszentrum der Industrie. 50 % der Einwohner sind Ausländer aus rund 50 Nationen, was uns beim Durchspazieren auch schnell bestätigt wurde.

Durch kleinere Gassen und Straßenzüge hindurch erreichten wir eine nette kleine Restaurantstraße und anschließend einen etwas größeren Wochenmarkt. Dieser scheint hier wohl regelmäßig stattzufinden, denn Feiertag war hier heute ja nicht. Wir entdeckten einen großen und modernen Übergang und entschieden uns, mit dem Lift hoch zu fahren. Von hier aus konnte ich die Kirche sehen, die mir bereits bei der Autofahrt aufgefallen war und die ich mir gerne ansehen wollte. Ansonsten war die Aussicht nicht ganz so spektakulär. So ganz wohl fühlte ich mich in dieser Stadt auch irgendwie nicht; keine Ahnung warum.

So richtige Sehenswürdigkeiten bietet Esch sur Alzette nicht, aber allein beim Durchspazieren entdeckt man viele verborgene Schönheiten. Hier vor allem die Stadthäuser im Art-decó-Stil, dem Jugendstil oder dem Klassizismus. Viele von ihnen wunderschön hergerichtet, andere etwas verwittert.

Bild Schließlich erreichten wir das Rathaus der Stadt mit dem vorgelagerten Rathausplatz. Hier fand gerade eine kleine Kirmes statt mit zahlreichen Fahrgeschäften und Buden. Wir umrundeten das Rathaus, suchten die angrenzende Touristeninformation auf und liefen anschließend weiter zu beeinruckenden neugotischen Kirche St. Joseph. Sie wurde von 1873 bis 1877 gebaut, ist die älteste Kirche der Stadt, und verfügt im Inneren über großartige Glasfenster, mit Gold verzierte Wandmalereien, Heiligenfiguren und zwei Seitenkapellen. Allein das Eingangsportal mit dem Rosettenfenster ist traumhaft schön. Hier hielten wir uns eine Weile auf und besuchten die Kirche in allen Ecken.

Anschließend zog sich der Himmel wieder zu, es wurde stockdunkel und wir entschieden uns zur Rückkehr zum Auto. Das war ohnehin noch ein langer Weg und währenddessen kamen wir erneut an vielen schönen Häuserfassaden vorbei. Kaum am Auto angelangt, fing es dann auch schon zu Regnen an. Da hatten wir ja noch mal Glück gehabt.

In meinem Reiseführer hatte ich von einem Eisenbahnpark namens Fond-de-Gras gelesen. Hier kann man mit einer nostalgischen Eisenbahn zwischen zwei Orten hin und her fahren, mit einer Schmalspurbahn zusätzlich durch einen Stollen. Das hörte sich interessant an, das wollten wir uns näher ansehen.

Doch der Weg dorthin war gar nicht so einfach. Trotz Navi verfuhren wir uns mehrmals, landeten in irgendwelchen kleinen Ortschaften und fanden einfach nicht zum Ziel. Eine kleine Strecke fuhren wir durch Frankreich. Schon irre, wie schnell man hier zwischen den Ländern wechseln kann. Wenn man sich vorstellt, dass man früher ewig an den Grenzen stand … und heute ist man binnen weniger Sekunden plötzlich in einem anderen Land. Für mich immer wieder faszinierend.

Der Regen wurde immer stärker, die Straßen immer enger und die Schilder hörten irgendwann auf. Plötzlich entdeckte ich ein kleines mit der Aufschrift "Fond-de-Gras" - das musste es sein. Doch dort angekommen, war gerade mal ein Auto zu sehen und ein Blick auf den gerade mitgenommenen Flyer zeigte uns, dass heute Ruhetag war. Geöffnet nur an Sonn- und Feiertagen; na da hatte sich die Rumkurverei ja gelohnt. ;-) Wer lesen kann …

Aber egal, der Regen wollte sowieso nicht aufhören und so entschieden wir uns eben zur Weiterfahrt nach Luxemburg-Stadt. Inzwischen war es schon 16 Uhr und der Hunger machte sich auch langsam bemerkbar. Also los zum Hotel.

Bild Als Unterkunft hatte ich das 3-Sterne-Hotel "Le Châtelet" am Park Vallée de la Pétrusse gewählt. Zum einen wegen der zentrumsnahen Lage (ca. 15 Minuten zu Fuß in die Innenstadt), zum anderen natürlich auch wegen dem Preis. Drei Nächte für zwei Personen inkl. Frühstück für gerade mal 170,- € - günstiger kann man kaum übernachten; noch dazu war das Hotel gut bewertet.

Gegen 17 Uhr trudelten wir schließlich in Luxemburg ein. Das Hotel fanden wir auf Anhieb und stellten das Auto am hoteleigenen Parkplatz ab. Hierfür wurden nochmals 15,- € pro Nacht verlangt; doch das war es uns wert. In der davor liegenden Einbahnstraße gab es keinen einzigen freien Platz; alle belegt von den Anwohnern.

Der Check-In erfolgte recht schnell und wir erhielten unser Zimmer Nr. 5 im Erdgeschoss des Nebengebäudes. Das Zimmer war zwar kein Luxus, aber absolut ausreichend. Sogar relativ groß, mit einem etwas alten, aber sauberen, Bad. Wir zogen uns kurz um, schnappten uns unsere Taschen und marschierten los in die Stadt. Die Mägen knurrten.

Rund um den Place d'Armes reihen sich zahlreiche Restaurants aneinander, wir spazierten an einigen vorbei und entschieden uns anschließend für den Italiener "Basta Cosi" in der Rue Louvigny, einer Seitengasse. Hier gab es ein kleines Menü mit Haupt- und Nachspeise; genau das richtige für uns.

Während es draußen langsam besser wurde, verspeisten wir unsere Lasagne und kämpften beide mit der Müdigkeit. Im Grunde genommen hätte ich sofort ins Bett gehen können; es war ein langer Tag. Aber es war auch gerade mal 20 Uhr … Da erfreulicherweise noch mal die Sonne zum Vorschein kam, entschieden wir uns dann doch noch für einen Spaziergang durch die Stadt.

Bild Gleich zu Beginn erreichten wir das Stadtpalais (Cercle Municipal) direkt am Place d'Armes. Neben den vielen Restaurants gibt es direkt gegenüber des Palais' einen Musikpavillon, wo heute auch tatsächlich ein kleines Orchester spielte. Toll! Das gefiel mir.

Durch kleine Gassen hindurch erreichten wir romantisch Ecken, schöne Brunnen und entdeckten herrliche Häuserfassaden. Beeindruckend ist der Großherzogliche Palais, der Palais Grand Ducal. Im spanisch-maurischen Stil errichtet, leuchtet er einem von Weitem entgegen und liegt doch auch eingepfercht zwischen einfachen Häusern. Ist der Fürst im Palast, wird die Flagge gehisst; während unseres Aufenthalts war er leider nicht zugegen.

Weiter ging unser Spaziergang quer durch die Altstadt und wir erreichten ein nettes kleines Viertel mit weiteren Bars und verwinkelten Gässchen. In der Rue de la Loge stach uns gleich ein Erker mit der Aufschrift "Mir wölle bleiwe wat mir sin" ins Auge - das Motto der Luxemburger. Dieser Satz entstammt einer Hymne auf die erste Eisenbahn 1859 aus der Feder von Michel Lentz und spiegelt den Patriotismus des Landes wider. Eine Einstellung, die ich gut und richtig finde und auf die man auch während seiner Reise durchs Land immer wieder stößt.

Nur wenige Gehminuten später erreichten wir "den schönsten Balkon Europas"; zuerst die Schlossbrücke und anschließend die Corniche, die an der St. Michaels Kirche beginnt und die sich direkt am Rande eines Felsens befindet. Von diesem Wehrgang aus hat man einen fantastischen Blick auf das Tal der Alzette sowie auf die Unterstadt Grund. Wir konnten uns gar nicht satt sehen daran! Kleine Handwerkerhäuser, eine ehemalige Abtei, kleine Brücken und verwinkelte Terrassengärten - wie im Märchen.

Bild Hier eine ganze Weile entlang spaziert, tausend Fotos geschossen und einfach nur die Aussicht genossen, erreichten wir schließlich den Place du Saint-Esprit, ein schöner und sehr gepflegter Ort mit wiederum schönem Ausblick auf das Pétrusse-Tal. Im Hintergrund das Gericht.

Inzwischen war es schon 22 Uhr, die Sonne war verschwunden und weil sich das Wetter ganz gut hielt, beschlossen wir, unsere Stative aus dem Hotel zu holen und noch auf Nacht-Foto-Tour zu gehen. Eigentlich war ich ja viel zu müde, aber wer weiß, wie es morgen werden würde? Also komplett zurück, alles geholt und wieder in die Stadt. Beginnend am Großherzoglichen Palais spazierten wir noch einmal die gleiche Strecke entlang wie vorhin und machten zahlreiche Nachfotos. Ach, war das schön … Absolute Ruhe umgab uns, wir waren stellenweise komplett allein unterwegs.

Gegen 0.30 Uhr fuhren wir mit dem Lift vom Place du Saint-Esprit hinunter in die Unterstadt. Hier hielten wir uns allerdings nicht mehr lange auf, denn zum einen war nicht mehr viel los und zum anderen kämpfte ich mit meiner Müdigkeit.

Zum Abschluss des Tages tranken wir noch eine Kleinigkeit in einer der Bars am Großherzoglichen Palais und spazierten anschließend gemütlich zum Hotel zurück. Gegen 2 Uhr nachts fielen wir beide total erschöpft ins Bett. Was für ein langer, aber gelungener erster Tag in Luxemburg.

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