4. Tag:
Unterwegs in der Grafschaft Cornwall


Das schöne Wetter hatte sich über Nacht tatsächlich gehalten. Auch heute morgen wachten wir bei blauem Himmel und Sonnenschein auf.

Auf ein Frühstück verzichteten wir, stattdessen wollten wir so früh wie möglich Richtung Cornwall aufbrechen. Ich war schon wieder viel zu hibbelig.

Bild Doch zu allererst hatten wir noch etwas anderes vor. :-) Gestern entdeckten wir am Stadtrand von Plymouth "Pets at Home", so etwas ähnliches wie "Fressnapf" in Deutschland. Natürlich mussten wir da mal einen Blick hinein werfen, immerhin hatten wir unserer Hundedame ein quietschendes Mitbringsel versprochen. Tja, was soll ich sagen? Natürlich blieb es nicht bei dem 'einen' ...

Jetzt aber nichts wie los! Wir beschlossen, das Feld von hinten aufzurollen, sprich, erst einmal über Schnellstraßen und Teile der Autobahn komplett durchzufahren bis nach Land's End. Das nahm zwar gleich einmal zwei Stunden in Anspruch, doch so konnten wir unsere geplanten Stopps etwas besser einteilen und ggf. das ein oder andere auslassen, sollte die Zeit knapp werden.

Land's End hat seinen Namen nicht von ungefähr. Zwischen Penzance und Sennen wird die Landschaft immer karger, die Häuser immer weniger und die Straßen immer kleiner. Viele von ihnen sind von Steinmauern eingesäumt. Etwas, das wir hier sehr häufig sahen.
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Erst wenn man den Punkt "Land's End" selbst erreicht, wird es wieder touristisch. Das Gebiet ist in Privatbesitz, dementsprechend kommerziell ist es auch. Es gibt Ausstellungen, ein 4D-Kino, Souvenirshops sowie Englands geografisch gesehen erstes und letztes Pub, das First and Last Inn, eine alte Seefahrerpinte aus dem 17. Jahrhundert.

Bild Heute war dank der Nebensaison nicht besonders viel los. Gerade mal zehn Autos standen auf dem kostenpflichtigen Parkplatz (5 £, Stand: April 2016), weshalb es sehr angenehm war.

Aber was für ein Sturm hier herrschte! Der Wind pfiff uns um die Ohren, wir mussten die Autotüren festhalten, damit sie nicht an das Nachbarauto schlugen. Der Sand wurde so stark durch die Luft gewirbelt, dass wir zeitweise gar nichts sahen und ihn später wieder aus Gesicht und Kleidung wischen konnten. Wir packten uns ganz dick ein und stapften dem Wind entgegen, in Richtung der Klippen.

Auf dem Weg streiften wir einen Wegweiser aus dem Jahre 1950, der sowohl nach New York als auch nach O'Groats im Norden Schottlands zeigt. Ein findiger Fotograf hatte vor vielen Jahren "die" Geschäftsidee entdeckt. Fotos direkt am Wegweiser sind nämlich nur gegen Bezahlung möglich.

Auch wenn ich inzwischen schon viele Küstenabschnitte gesehen habe und das ein der andere "Ende" ... mir gefiel es hier richtig gut! Zwar war die Küste hier nicht spektakulärer als anderswo. Doch allein der Gedanke, hier am "westlichsten" Punkt Englands zu stehen, gefiel mir. Auch, wenn es genau genommen (wie so oft) nicht der "echte" westlichste Punkt ist (der befindet sich nämlich auf einer der vorgelagerten Inseln).

Wir spazierten die kleinen Wege entlang, weiter bis zum Land's End Hotel, durchstöberten noch den kleinen Souvenirladen und begaben uns dann langsam wieder zum Auto. Die Stille hier drin tat vielleicht gut! Der Wind war echt unglaublich und hat uns doch nicht glatt ein kleines Face Lifting verpasst.

Bild Gerade mal 8 Kilometer trennten uns von unserem nächsten Ziel, dem Minack Theatre in Porthcourno. Das Navi streikte, also folgten wir mal ganz klassisch den Wegweisern dorthin. Back to the roots sozusagen. ;-)

Die Straßen wurden immer steiler und enger und ich war mir zwischenzeitlich gar nicht mehr so sicher, ob wir hier wirklich richtig waren. Ich wieder mit meinen 'besonderen' Straßen. Toni war begeistert ...

"The Minack" ist ein einzigartiges Freilichttheater an der Südküste Cornwalls, das direkt in einen Felsenhang gebaut wurde. Es war das Lebenswerk von Rowena Cade, einer Engländerin, die das Gelände in den 20er Jahren gekauft und schließlich in jahrelanger, harter Arbeit zu einer der beeindruckendsten Spielstätten der Welt ausgebaut hatte.

Das Gelände lässt sich nicht nur an Spieltagen besuchen, sondern ist auch ohne Vorführung täglich geöffnet (Eintritt: 4,50 £ pro Person, Stand: April 2016).

Bild Ich war völlig hin und weg! Über zahlreiche Treppenstufen liefen wir der Bühne entgegen, rundherum Unmengen an Pflanzen, alles so grün, alles so sauber. Und dann der Ausblick! Türkisfarbenes Meer, heller Sandstrand, schroffe Klippen. Einfach wunderschön! Ich konnte mich gar nicht sattsehen daran.

Natürlich hatte das Theater für mich noch eine ganz andere Bedeutung, denn auch hier wurden bereits Rosamunde-Pilcher-Filme gedreht. Das jetzt alles mal live zu sehen, die tatsächliche Größe, das Drumherum - das gefiel mir.

Die Zuschauerränge sind aus Stein, die oberen, hinteren, sind mit Gras bewachsen. Besonders eindrucksvoll fand ich die vorderen Sitzreihen, denn hier ist der Titel jedes bisher hier gespielten Stücks mit der dazugehörigen Jahreszahl in die steinernen Rückenlehnen geschlagen. Eine tolle Idee und ein wunderbare Erinnerung für die Ewigkeit.

Rund 750 Menschen haben im Theater Platz und jeweils zwischen Mai und September Gelegenheit, eine der Vorstellungen zu besuchen. Dazu gehören Werke von Shakespeare, aber auch moderne Konzerte. Eine kunterbunte Mischung. Die Preise von zwischen 5 £ und 15 £ finde ich dabei absolut in Ordnung. Über die Bequemlichkeit der Sitze lässt sich allerdings streiten ...

Eigentlich hätten wir zum Abschluss ganz gerne noch einen Kaffee hier getrunken, fanden aber den Eingang nicht und als schließlich zwei Busladungen Leute über das Theater herein brachen, entschieden wir uns für den Rückzug. Da hatten wir ja gerade noch Glück gehabt.

Bild Auf dem Weg zurück nach Penzance stach mir ein Herrenhaus ins Auge, das ich mir gerne etwas näher ansehen wollte. Wir bogen in eine kleine Allee ein, fuhren die Schotterstraße entlang und waren mutterseelenallein hier, um uns herum nur Wald, Felder ... und einige Pferde. Ich schoss ein paar Fotos, Toni freundete sich mit einem Hengst an, der sofort auf ihn zu trabte.

Bei dem Gelände handelte es sich um den Trengwainton Garden, einen der schönsten Gärten Cornwalls mit exotischen Pflanzen aus aller Welt und zahreichen Kräutern. Das Herrenhaus stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist noch heute in Privatbesitz. Doch wir hatten anderes vor und so fuhren wir weiter nach Penzance.

Der Parkautomat hatte uns anfänglich etwas verwirrt. Er fragte ständig nach einer Nummer. Welche Nummer denn? Bis wir verstanden: Für das Parkticket muss man die Autonummer eingeben! Aha, gar nicht dumm. So kann man das Ticket nämlich nicht mehr an andere weiter geben.

Penzance ist eine alte Markt- und Hafenstadt in der Mounts Bay, die sich nach unserem Besuch im eher kargen Land's End wie eine Oase erhob. Die Stadt ist bekannt für ihre Häuser aus viktorianischer und gregorianischer Zeit, die sich im Zentrum entlang des Market Place, dem Greenmarkt und der Chapel Street aneinander reihen.

Bild In letzterer sticht ein Gebäude ganz besonders ins Auge: Das Egyptian House. Ein Buchhändler kaufte es 1834 und baute es umfangreich um. Die bunte, ägyptische Fassade passt so gar nicht in das restliche Stadtbild hinein, zieht aber genau deshalb so viele Besucher an.

Wir spazierten zum Hafen hinunter, doch die Gegend begeisterte mich nicht wirklich. Hier war vieles herunter gekommen, von den schönen Häusern aus dem Zentrum war nicht mehr viel zu sehen. Dafür hatten wir allerdings einen schönen Blick auf St. Michael's Mount, einen Klosterberg im Meer und der kleine Bruder des weltbekannten Mont Saint Michel in Frankreich.

Wieder zurück im Zentrum wollten wir nun endlich unsere lang ersehnte Kaffeepause einlegen und entdeckten das "Canapes & Deli Shop"; ein süßes, kleines Café mit Wohnzimmer-Charme. Wir verspeisten leckere Erdbeer-Baiser-Teilchen und fühlten uns pudelwohl.

Bild Leider verging die Zeit so irrsinnig schnell. Ich hatte mir zu viel vorgenommen, einige Punkte würden wir gar nicht mehr schaffen. Ohje. So "verplant" hatte ich mich noch nie, muss aber zugeben, dass ich die Entfernungen auch ein wenig unterschätzt habe. Aber wie heißt es doch so schön? "Weniger ist mehr."

Wir verabschiedeten uns von dem netten Café-Besitzer und stiefelten zum Auto zurück. Eine Stunde fuhren wir schließlich von Penzance in Richtung Falmouth und wurden dabei mit einer traumhaft schönen Landschaft belohnt.

Als nächstes Ziel hatten wir das Pendennis Castle in der Nähe von Falmouth ins Navi eingegeben. Die Trutzburg liegt direkt am Meer und wurde einst von Heinrich dem VIII. in Auftrag gegeben. Doch leider hatten wir den Weg umsonst genommen. Die Straße hoch zur Burg war heute für den Verkehr gesperrt und der Fußweg sollte eine gute dreiviertel Stunde dauern. Grundsätzlich ja kein Problem, aber inzwischen war es schon 15 Uhr, wir hatten noch ein ganzes Stück zurück nach Plymouth und außerdem zogen ausgerechnet jetzt dicke Wolken auf. Ne, dann lieber nicht.

Auf halber Strecke versuchten wir unser Glück schließlich bei einem weiteren Schloss, dem Lanhydrock Castle in der Nähe von Bodmin. Nach rund einer Stunde Fahrt dort angekommen, kam dann allerdings die nächste Ernüchterung. Allein schon auf den Parkplatz zu gelangen, war ein Thema für sich. Wir mussten zwei Mal das Gelände umkreisen, bis wir die Einfahrt erreichten, allerdings war hier so absolut gar nichts mehr los. Auf Nachfrage bei einer netten Dame erklärte mir diese, dass das Schloss in zehn Minuten schließen würde. Haha ... das nenne ich mal Timing.

Auch das fiel uns auf: Das Zeitfenster für die Besichtigung der Schlösser und Burgen ist in Südengland leider ziemlich eng bemessen. Wer sich diese also von innen ansehen möchte, sollte sich bereits vorab genauer darüber informieren.

Bild Wir beschlossen, heute keine weiteren Versuche mehr zu starten und zurück ins eine Stunde entfernte Plymouth zu fahren. Die Müdigkeit brach langsam über uns herein, wir sehnten uns nach einer kleinen Pause und nach Beine ausstrecken.

Und genau das taten wir dann auch, als wir schließlich im Hotel eintrafen. Eine heiße Dusche tat gut. Das war heute ein verdammt langer Tag, aber wir haben auch viel gesehen und Cornwall zumindest ansatzweise kennen gelernt. Natürlich gibt es hier noch so viel mehr zu entdecken, allein die zahlreichen Schlösser und Burgen, die sich über die gesamte Grafschaft verteilen, dazu die vielen kleinen Fischerorte, die bunten Gärten und nicht zu vergessen die beeindruckenden Küstenabschnitte. Grund genug, wieder zu kommen.

Trotzdem waren Toni und ich uns einig: Die Grafschaft Devon hat uns dann doch ein Stück besser gefallen als Cornwall. Die Städte sind hübscher, die Menschen einen Ticken freundlicher. Und ganz generell lässt sich sagen: Am schönsten ist es am Meer, da kann kein Ort im Landesinneren mithalten.

Zum Abendessen entschieden wir uns heute ein weiteres Mal für das Restaurant "Revolution" in Plymouth, nachdem uns die restlichen Lokale nicht besonders überzeugt hatten. Während sich Toni für eine Variation von Vorspeisen entschied, gab es für mich Hähnchen. Beides war wie erwartet wieder ausgesprochen lecker. Noch eine kleine Nachspeise und dann ging es auch schon wieder zurück zum Hotel. Es war ein langer Tag.

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Fotoalbum Cornwall


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