8. Tag:
Auf ein Gläschen Portwein nach Porto
Das Juwel am Douro

Kreuzfahrten rund um Westeuropa sind toll. Fast jeden Tag findet man sich in einem anderen Land wieder und lernt viele verschiedene Kulturen kennen. Doch eines geht mir dabei gehörig auf den Keks: Das ständige Uhren umstellen.

In Southampton eine Stunde zurück, Tags darauf wieder eine Stunde vor, zwei Tage später - also heute - wieder zurück. Wenn man dann noch ein Handy hat, das nach dem zweiten Mal sagt: "Hey, jetzt reichts aber, werd' dir erst einmal selbst im Klaren darüber, was du eigentlich willst, ich mach da nicht mehr mit ...", na, dann wird's schwierig. Bockig zeigte es mir gleich einmal mehrere Stunden später an.

Bild Erstaunlicherweise haben wir es trotz allem aber immer pünktlich zu unseren Verabredungen geschafft, so schnell lassen wir uns eben doch nicht verwirren.

Bei der Einfahrt in den Hafen von Leixões durfte ich heute wieder einen wundervollen Sonnenaufgang erleben. Ja, ich weiß, inzwischen habe ich schon gefühlte 350.000 Sonnenauf- und -untergangsbilder zu Hause. Aber es ist einfach trotzdem immer wieder schön. Die Faszination bleibt und so werde ich in Zukunft sicher noch weitere 350.000 Sonnenauf- und untergangsfotos schießen.

Leider ging es mir heute gesundheitlich wieder ein wenig schlechter. Es war ein ständiges Auf und Ab mit meiner Erkältung. Mal war sie fast wieder verschwunden, dann wieder hatte ich keine Stimme und die Nase lief. Aber ich ließ mich nicht unterkriegen. Ich wurde ganz lieb von allen Seiten mit Medikamten versorgt und so kam ich immer sehr gut durch den Tag. Die Freude über die Reise und die vielen tollen Einrücke ließen mich die Erkältung dann auch immer recht erfolgreich verdrängen.

Bild Gegen 9 Uhr verließen wir mit Maritha und Andreas das Schiff und steuerten den Shuttle-Bus nach Porto an. Das Tagesticket betrug 7,- € pro Person (Stand: September 2015). Beim Einstieg in den Bus wurde die Bordkarte gescannt und der Betrag somit automatisch dem Bordkonto belastet, praktisch.

Die Fahrt von Leixões nach Porto dauerte ca. eine halbe Stunde, herausgelassen wurden wir an der Rua Do Dr Ferreira Da Silva, direkt gegenüber des Archäologischen Museums.

Bild Toni hatte die Fahrzeit erfolgreich genutzt, anhand des uns ausgehändigten Stadtplans für Porto einen passenden Rundgang zusammen zu basteln. Und so spazierten wir zunächst in die Innenstadt, vorbei an der äußerst imposanten Igreja de Sao Pedro dos Clérigos. Die Barockkirche wurde zwischen 1732 und 1748 errichtet, der schlanke Glockenturm mit einer Höhe von 76 m ist dabei nicht nur das markanteste Bauwerk der Stadt, sondern auch der höchste Kirchturm ganz Portugals. Dass man hier auf eine Plattform kann (240 Stufen), habe ich leider erst zu Hause erfahren. Sollte ich wieder einmal nach Porto kommen, möchte ich hier auf jeden Fall hoch.

Wir liefen die Rua dos Clérigos entlang, die gesäumt ist von völlig unterschiedlichen, aber auch sehr interessanten Häuserfassaden. Manche neu renoviert, andere wiederum kurz vor dem Verfall. Eine interessante Mischung.

Bild Nach einiger Zeit bogen wir links ab und standen nun mitten auf dem mehr als großzügig angelegten Platz der Freiheit, dem Praça da Liberdade. Er diente einst sogar kurzzeitig als Bahnhof. Im 19. Jahrhundert endeteten die Züge weit vor der Stadt am Bahnhof Campanha. Irgendwann war dies nicht mehr tragbar und so entschied man sich, ein altes Kloster abzureißen und an dessen Stelle einen Bahnhof zu errichten. Bis zur Fertigstellung wurden die Gleise zur Praça da Liberdade verlängert.

Wir streiften das Reiterdenkmal von Don Pedro IV., schlenderten über den Platz an mehreren Brunnen vorbei und erreichten schließlich an dessen Ende das im Stil nordfranzösischer und flämischer Paläste erbaute Neue Rathaus, das Câmara Municipal. Der ca. 70 m hohe Turm überragt das mit Marmorsäulen geschmückte Granitgebäude und hat mich mal wieder vollends begeistert. Was für ein Prachtbau!

Auf der Rückseite des Rathauses (von hinten sieht es übrigens äußerst langweilig aus), liegt die Praça da Trindade mit der Igreja da Trindade. Die im 19. Jahrhundert erbaute Dreifaltigkeitskirche zählt zu den imposantesten Gottshäusern Portos. Die Innenausstattung zeigt viele Arbeiten aus Marmor sowie mit vergoldeten Holzschnitzereien verzierte Altäre.

Wir spazierten die Avenida dos Aliados wieder zurück, immer am Platz der Freiheit entlang, und standen schließlich an der Ecke Rua de 31 de Janeiro und Avenida Don Alfonso Henriques. So viele Straßen - doch wohin jetzt?

Bild "Irgendwo muss es doch diesen tollen Bahnhof geben, den Bahnhof Estação São Bento." - Wir drehten und wendeten den Stadtplan. Lt. diesem sollte er sich ganz in der Nähe befinden, doch wir sahen weit und breit kein Bahnhofsgebäude. Andreas schaltete das GPS ein, als es plötzlich hieß: Ihr Zielort befindet sich in 20 m auf der linken Seite. Wie jetzt? Das kann doch nicht sein? Bis ich es endlich kapiert hatte: Deshalb also strömten so viele Menschen in und aus dem Gebäude hinter uns ... Wir standen seit bestimmt zehn Minuten direkt VOR dem Bahnhof! Oh Mannomann ... das war mal wieder typisch! Doch zu unserer Verteidigung: Von außen sieht es gar nicht wie ein Bahnhof aus.

Das Innere des Estação São Bento stattdessen überwältigte uns mal wieder. Die gesamte Eingangshalle wurde 1930 mit außergewöhnlichen Azulejo-Bildern ausgeschmückt: Ländliche Szenen, historische Ereignisse aus Portos Geschichte, aber auch Bilder von der Entwicklung des Rades zur Eisenbahn. Obwohl es auf den ersten (vielleicht auch zweiten ;-) Blick kitschig erscheint: Es ist dennoch wunderschön und macht den Bahnhof somit wirklich zu etwas Besonderem.

Bild Weiter ging es die Rua de 31 de Janeiro entlang, an dessen Ende sich die Barockkirche Igreja de Santo Ildefonso aus dem Jahre 1739 befindet. Ihre Fassade besteht in großen Teilen aus Azulejo-Kacheln, nur leider ist vieles davon bereits abgebröckelt. Von der Ferne hatte sie viel strahlender ausgesehen. Jetzt, so direkt davor stehend, wirkte sie jedoch ziemlich "altersschwach", denn auch die beiden Türme waren jeweils leicht nach links und rechts gebogen. Sehr schade, denn das Innere fand ich mit den bunten Glasfenstern sehr ansprechend. Die Kirche gehört einfach dringend renoviert.

Über die Praça da Batalha und die Cimo de Vila streiften wir das Teatro Nacional São João und spazierten immer weiter Richtung Süden, durch kleinere, verlassene Gassen, vorbei an der Igreja de Santa Clara, als wir schließlich die Brücke Ponte Dom Luís I. erreichten.

Diese Stadt überraschte mich jede Minute aufs Neue. War ich gestern von A Coruña schon so begeistert, so wurde das heute in Porto noch getoppt. Alle paar Meter entdeckten wir wundervolle Gebäude, imposante Kirchen, niedliche Cafés ... und jetzt eröffnete sich uns noch ein fantastisches Panorama auf den Fluss Duoro, der sich durch die Stadt zieht. Nie hätte ich Porto so schön erwartet.

Bild Die Ponte Dom Luís I wurde 1886 von König Ludwig I. von Portugal eingeweiht und ist eine Bogenbrücke über den Duoro, die die beiden Städte Porto und Vila Nova de Gaia verbindet. Sie hat zwei Ebenen: Auf der oberen befinden sich die Spuren der Metro do Porto, auf der unteren eine Straßenverbindung. Beide Ebenen sind auch für Fußgänger geöffnet. Wir befanden uns gerade auf der oberen Ebene und mussten vor lauter Staunen über das, was wir hier sahen doch glatt aufpassen, nicht von der Metro überfahren zu werden.

Ein paar Schritte zurück über die Avenida Viamara Peres, kehrten wir in einem kleinen Straßencafé ein. Ein wenig die Füße entspannen und den weiteren Tag planen. Bei der Rechnung waren wir sprachlos und der vollen Überzeugung, die Dame hätte sich verrechnet. Für sieben Getränke, inkl. Kaffee, Bier und Wein, hatten wir gerade mal um die acht Euro bezahlt. Essen und Trinken ist hier wirklich äußerst günstig.

Bild Vom 70 m hohen Granithügel Pena Ventosa erhebt sich die von fast überall zu sehende Kathedrale Sé. Sie wurde im 12. Jahrhundert erbaut, jedoch mehrere Male im 17., 18. und 20. Jahrhundert umgebauert, so dass der romanische Ursprung inzwischen kaum mehr zu erkennen ist. Mir hat das Innere auch nicht wirklich gefallen. Kathedralen sind eben doch häufig schlicht, dunkel und "kalt". So auch diese.

Der 1385 errichtete Kreuzgang dagegen war wieder ein Highlight. Der Eintrittspreis beträgt 3,- € pro Person (Stand: September 2015) und ich kann den Besuch wirklich jedem empfehlen (auch denjenigen, die mit Kirchen nicht viel anfangen können). Es lohnt sich!

Gotische Spitzbögen ziehen sich entlang der Gänge, in der Mitte ist ein gotisches Kreuz zu sehen. Ins Auge stechen auch hier wieder die wunderschönen Azulejo-Bilder.

Bild Entlang des Kreuzgangs befinden sich einige Räumlichkeiten, die man besuchen kann. Viele von ihnen sind noch mit sehr gut erhaltenen Möbeln ausgestattet, aber auch alten Bildern, einer Orgel sowie die Kleidung der ehemaligen Päpste und Bischöfe. Der viele Prunk hier hat mich echt umgehauen. Im ersten Moment ahnt man gar nicht, welche Schätze sich hier drin befinden.

Auf dem großen Platz vor der Kathedrale steht der Pelourinho, ein sog. Schandpfahl. Eine geschwungene Säule, die von einer Krone abgeschlossen wird.

Wir stiegen einige Treppenstufen hinunter, durchstreiften niedliche Gassen und entdeckten an einer Ecke einen ganz tollen Weinladen. Bei "Socalcos - Vinhos & Gourmet" in der Rua Mouzinho da Silveira findet man eine irre große Auswahl verschiedenster (Port)weine. Allein die Auslagen und Dekorationen sind etwas fürs Auge! Und natürlich wollten wir uns auch ein kleines Andenken an diese Reise mitnehmen.

Bild Von unserem letzten Lissabon-Besuch 2010 steht zwar noch ein Flasche Portwein bei uns zu Hause. Dieses Mal wählten wir jedoch einen für uns ganz besonderen: Einen Portwein Jahrgang 2004, unserem Hochzeitsjahr. Unser Ziel: Ihn zu unserem 25. Hochzeitsjubiläum zu köpfen und zu genießen. :-)

Von der Cais da Estiva hatten wir nochmals einen schönen, wenn auch anderen Blick als vorhin, auf den Duoro. Außerdem konnten wir nun die Ponte Dom Luis I. von unten betrachten.

Vorbei an der Igreja de São Francisco, einer Kirche aus dem 15. Jahrhundert, bogen wir nun wieder ab in Richtung Innenstadt und bummelten dort entlang der Einkaufsstraßen. In der Rua das Flores entdeckten wir schließlich das gemütliche Restaurant Mercearia das Flores und nahmen an den kleinen Tischen direkt davor Platz. Die Speisekarte war ans Fenster gepinnt und die Entscheidung fiel schwer, denn irgendwie hörte sich alles so verlockend an. Letzten Endes entschieden wir uns für Salat, Fisch und Schafskäse und alles war ausgesprochen lecker! Doch da fehlt doch noch was ...?! Richtig! Endlich kam ich zu meinem Gläschen Portwein. Mmmhhh!

Noch einmal kreuz und quer durch die Straßen spaziert, ging es nun über die uns bereits bekannte Rua dos Clérigos entlang, vorbei an der Igreja de Sao Pedro dos Clérigos. Und wieder einmal waren wir auf der Suche. Aktuelles Ziel: Eine Bibliothek, in der angeblich die Idee für J. K. Rowlings Harry Potter Romane reifte.

Bild Fündig wurden wir dank zwei netter Damen schließlich gleich gegenüber. Am Lissaboner Platz (Praça de Lisboa), an der Rua das Carmlitas Nr. 144, steht die kleine, aber sehr feine Bibliothek Livraria Lello e Irmão. Es ist wohl die einzige Bibliothek der Welt, für die man zuerst ein Ticket am Kiosk gegenüber ziehen muss. 3,- € Eintritt pro Person (Stand: September 2015), die man jedoch beim Kauf eines Buches angerechnet bekommt (ja, es gibt auch deutsche Bücher).

Und wirklich: Das Innere der Bibliothek ist beeindruckend! Eine große geschwungene Holztreppe mit aufwändigen Verzierungen führt in die oberen, offen gestalteten Etagen. Für Bücherwürmer ein Paradies! Hier gibt es Werke zu den verschiedensten Themen, allerdings natürlich zu 95 % auf Portugiesisch. Fremdsprachige Bücher gibt es nur in Form von Reiseliteratur und Kochbüchern.

Die Bibliothek wurde 1869 errichtet und erhielt schon einige Auszeichnungen. Ob sie wirklich Vorbild für die Harry-Potter-Romane war, weiß wohl nur die Autorin selbst, allerdings meine ich mich erinnern zu können, einen ähnlichen Treppenaufgang zumindest in einem der Filme gesehen zu haben.

Bild Einmal ums Eck rum, dann standen wir auch schon wieder an der Haltestelle für den Shuttlebus zurück zum Schiff.

Als wir heute Morgen hier ausgestiegen waren, wussten wir kaum etwas über Porto. Fünfeinhalb Stunden später zählt sie für mich zu den schönsten Städten, die ich jemals besucht habe. Und mit dieser Meinung stand ich nicht alleine da. Nahezu jeder, mit dem wir uns anschließend darüber unterhalten haben, war vollkommen fasziniert von Portugals "heimlicher Hauptstadt". Warum? Weil Porto keine Großstadt im klassischen Sinne ist. Irgendwie hat sie es geschafft, sich in vielen Bereichen den ruhigen, beschaulichen Dorfcharakter zu bewahren und Hektik scheint ein Fremdwort zu sein. Fest steht: Porto werde ich sicher noch ein zweites Mal besuchen. Vielleicht sogar mal ein paar Tage länger, oder aber vielleicht auch mit einer Flusskreuzfahrt auf dem Duoro verbinden.

Wieder zurück am Schiff, legten wir erst einmal eine kleine Ruhepause ein, bevor es in einen ganz besonderen Abend ging: Wir eröffneten die Grillsaison auf der Mein Schiff 4!

Der ein oder andere wird sich jetzt fragen: Spinnen die zwei jetzt total? Wie und vor allem wo wollen die grillen? - Die Mein Schiff 4 bietet im Rahmen des "Surf & Turf Steakhouse" im Außenbereich am Heck drei Tische mit integrierter Grillplatte, inklusive persönlichem Grillmeister. Die Idee hat uns vor ein paar Tagen gleich so begeistert, dass wir kurzerhand mit Maritha und Andreas einen Tisch reservierten.

Bild Bis zu sechs Personen haben an einem Barbecue-Tisch Platz, reserviert werden muss bis spätestens 24 Stunden vorher, damit die Küche sich entsprechend darauf einstellen und vor allem auch einen Koch abstellen kann.

Für 34,90 € pro Person wählt man eine Vorspeise, eine Suppe sowie ein Dessert. Die Hauptspeise besteht schließlich aus der Verköstigung verschiedener Fleisch- und Fischsorten: Salsiccia, Schweinenackensteak, Chicken Wings, Lammkotelett, Rinderfilet, Kalbsleber, Scampi & Schwertfisch. Dazu noch verschiedene Beilagen sowie Soßen und Dips.

Mit dem Wetter heute hatten wir richtiges Glück. Anfangs - als wir noch im Hafen standen - war es ziemlich frisch. Der Wind wehte uns um die Ohren. Rasch wurden wir mit warmen Decken versorgt. Doch als wir gegen 19 Uhr ablegten, war es plötzlich wieder vollkommen windstill. Interessant. Eigentlich hatte ich es genau anders herum erwartet.

Der Abend war eine Sensation! Unser Koch berichtete uns nicht nur über die Herkunft des Fleisches, sondern erklärte auch die richtige Zubereitung, die Besonderheiten und vieles, vieles mehr. So gesehen war es zusätzlich noch ein kleiner "Grillkurs". Auch geschmacklich war es hervorragend. Ich gebe zu: Auf das Lamm und die Leber habe ich verzichtet, jedoch aus dem einfachen Grund, weil ich beides aus Prinzip nicht esse. Alles andere hat mir ausgesprochen gut geschmeckt und auch meine drei Begleiter waren begeistert.

Bild Es war ein wundervoller Abend, der erst sehr spät zuende ging. Wir hatten den Koch ganz schön in Beschlag genommen, denn natürlich interessierten uns auch seine bisherigen Aufenthalte auf namhaften Schiffen und so löcherten wir ihn mit unseren Fragen. Er hatte Spaß daran, wir haben eine Menge erfahren und erlebten so einen rundum gelungenen, lustigen und außergewöhnlichen Abend.

An der Bar brauchten wir jetzt allerdings erst einmal einen Schnaps. Tipp: Wer den Grillabend plant, sollte den ganzen Tag über am besten gar nichts essen. ;-)

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Fotoalbum Porto im September 2015


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