7. Tag:
A Coruña - Die Stadt aus Glas
Unterwegs im äußersten Nordwesten Spaniens

In den vergangenen Jahren haben wir schon die ein oder andere nordspanische Stadt kennen gelernt und jede einzelne von ihnen hat uns begeistert. Sie sind einfach so ganz anders als die "üblichen" spanischen Städte und haben ein ganz eigenes Flair.

Sicherlich auch aufgrund der Unberührtheit, die hier in vielen Gegenden noch herrscht. Im Gegensatz zu den Touristenzentren im Süden spielt sich das Leben hier ruhiger und, passend zu den Küsten, auch etwas schroffer ab. Aber genau das macht es für mich auch so besonders.

Bild Mit A Coruña sollten wir nun also ein weiteres Puzzleteil Nordspaniens kennen lernen. Doch was verbindet man spontan mit dieser Stadt? Ehrlich gesagt nicht besonders viel und so ließen wir uns einfach mal überraschen.

Beim Einlaufen in den Hafen gegen 8 Uhr stand ich daher auch ausnahmsweise mal wieder auf dem Balkon. Ich war wahnsinnig neugierig. Die Sonne kämpfte sich hinter den Bergkuppen hervor und hüllte den Hafen in ein warmes Orange. Was für ein schöner Anblick.

Ein kurzes Frühstück, dann ging es auch schon los. Dieses Mal zogen Toni und ich allein los und ich freute mich sehr über "unseren" Tag. So hin und wieder hab' ich Toni eben doch auch ganz gerne mal für mich allein.

Für Stadtrundgänge gibt es bei uns eine klare Aufgabenteilung: Während ich die Fotos mache, bekommt Toni den Plan in die Hand gedrückt und ist für den optimalsten Rundweg inklusiver aller wichtigen Sehenswürdigkeiten zuständig.

Mit knapp 250.000 Einwohnern ist A Coruña die gößte Stadt Galiziens und bildet eine gelungene Kombination aus Großstadt und Strand. Um ca. 110 n. Chr. entstanden, gehört sie zu den ältesten Städten des Landes, die jedoch im 16. Jahrhundert fast vollständig durch die Briten zerstört wurde. Übrig geblieben aus alten Zeiten ist letztendlich nur das heutige Wahrzeichen der Stadt, der Torre de Hércules, sowie die knapp 1 km² große Altstadt im Osten der Halbinsel.

Bild Vom Hafenterminal spazierten wir gemütlich entlang des großzügigen Vorplatzes der Avenida Montoto in Richtung Paseo de la Dársena. Immer wieder hatten wir einen schönen Blick auf die Mein Schiff 4 sowie die davor ankernden, kleinen Boote.

Gegenüber blitzte uns eine schneeweiße Häuserfront entgegen. Die bis acht Stockwerke hohen Häuser besitzen alle die für Galizien typischen, verglasten Holzbalkone. Wenn die Galerías im Licht der Sonne zu funkeln beginnen, wird schnell klar, warum A Coruña den Beinamen "Stadt aus Glas" trägt. Mich hat dieser Anblick regelrecht fasziniert.

Wir schlenderten den Paseo Marítimo entlang und erreichten schließlich das Castillo de San Antón aus dem 16. Jahrhundert. Es wurde kurz überlegt, es uns näher ansehen, doch das hier untergebrachte Archäologische Museum interessierte uns nicht sonderlich und so zogen wir weiter zum Club Nautico.

Bild Hier sticht sofort der markante Turm "Capitania Marítima" in der Marina ins Auge, davor liegen zahlreiche kleine Boote im Hafen und direkt daneben entdeckten wir den ein oder anderen Fischer.

Über mehrere Treppenstufen erreichten wir schließlich das Altstadtviertel. Hier fühlt man sich wie in einer "Stadt in der Stadt". Alles ist plötzlich viel ruhiger, die Zeit scheint stehen geblieben zu sein. Wir bummelten durch kleine Gassen, entdeckten schön geschmückte Plätze, besuchten kleine Kirchen und Klöster und jedes Mal, wenn wir um die Ecke bogen, fanden wir uns vor einem neuen, imposanten, Gebäude wieder. Obwohl die Altstadt überschaubar ist, kann man sich dennoch eine ganze Weile aufhalten. Vor allem für Fotografen ein wunderbares Fleckchen.

Bild Wir spazierten durch eine äußerst gepflegte Parkanlage hindurch und erreichten kurz darauf wieder den Paseo Marítimo. Links die Stadt, rechts das dunkelblaue Meer, über uns blauer Himmel und Sonnenschein, dazu Temperaturen von knapp 28 Grad. Na, wenn DAS nicht nach Urlaub pur schreit?!?!

Der Paseo Marítimo hat eine Gesamtlänge von rund 13 Kilometern und zählt somit zu den längsten Promenaden Europas. Erst Mitte diesen Jahres wurde sie fertig gestellt und bietet nun neben der Fahrbahn für Autos einen zweispurigen Radweg und einen fast doppelt so breiten Fußgängerweg, so dass auch die Jogger durchaus auf ihre Kosten kommen, ohne ständig ausweichen zu müssen.

Die Promenade ist den Spaniern wirklich gelungen. Ich fand es hier unheimlich schön. Man braucht zwar genügend Zeit, denn der Weg zieht sich etwas, dafür sieht man aber auch eine Menge und kann herrliche Ausblicke aufs Meer genießen. Es lohnt sich!

Bild Nach einiger Zeit entdeckten wir den Skulpturenpark 'Parque Escutórico da Torre de Hércules' am Fuße des Herkulestums. Es handelt sich hier um ein Freilichtmuseum mit mehr als 15 Werken. Von der Ferne erkannten wir einen Steinkreis ähnlich dem in Stonenhenge. Ansonsten waren es für uns einfach nur ein paar in die Wiese geworfene Steine. ;-)

Wie man unschwer erkennen kann: Für Skulpturen sind wir nicht zu begeistern und so ließen wird den Park "rechts liegen" und steuerten direkt den Torre de Hércules an.

Um ihn ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden und so ist auch nicht bekannt, wann genau der Turm erbaut wurde. Man geht jedoch von der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. aus, weshalb er als ältester, römischer Leuchtturm der Welt gilt. Der Legende nach soll es sich bei dem Felsen, auf dem der Turm steht, um jenen Felsen handeln, auf welchem Herkules drei Tage und drei Nächte lang gegen den Riesen Geryon gekämpft und schließlich besiegt hat. Noch heute ist der Leuchtturm intakt. Sein Licht ist Orientierungs- und Leitpunkt für die Seefahrer und rund 32 Seemeilen weit zu sehen.

Während Toni am Fuße des 68 m hohen Turms auf mich wartete, spazierte ich die 242 Stufen hinauf. Normalerweise zahlt man 3,- € Eintritt (Stand: September 2015), doch die Dame an der Kasse drückte mir nur die Eintrittskarte in die Hand und winkte mich durch, mein Geld wollte sie nicht. Aha! War heute ein besonderer Tag?

Bild Egal, ich freute mich und stiefelte los. Platzangst darf man hier allerdings nicht haben. Zum Glück war fast nichts los, so kamen mir auch kaum Leute entgegen. Denn dann wird's an manchen Stellen etwas eng.

Oben angekommen, erwartete mich eine grandiose Aussicht. Von hier kann man die gesamte Stadt überblicken, zwischen den Häusern hindurch war der Schornstein unseres Kreuzfahrtschiffes zu erkennen. Doch auch der Weitblick hinaus aufs dunkelblaue Meer war wunderschön. Ich stand eine ganze Weile einfach nur da und sog diesen Anblick richtig auf.

Von hier oben erkennt man auch erst, wie groß der Parque de la Torre eigentlich ist. Was für ein riesiges Areal. Natur pur, ein Paradies für Radfahrer, Spaziergänger, vor allem aber auch für Hunde. An jeder Ecke waren sie. Die Tiere können hier ohne Ende Toben und niemanden störts. "Das würde Benita jetzt auch gefallen", dachte ich, und war etwas traurig, dass sie jetzt nicht hier sein und mit den anderen Hunden sausen konnte.

A Coruña bietet für seine Städter wirklich alles: Lebendiges Treiben in den Straßen, Erholung und Ruhe in den Naturparks, Sportmöglichkeiten auf Golfplätzen, in Tennis-Arenen und auf Fußballfeldern. Strände, Buchten, schroffe Felsen. Für Abwechslung ist hier bestens gesorgt.

Bild Wieder bei Toni angekommen, legten wir eine kleine Verschnaufpause ein und siehe da ... aus allen Richtungen tauchten plötzlich bekannte Gesichter auf. Ein kurzer Plausch, dann zog jeder wieder seines Weges. Für uns hieß das: Zurück auf den Paseo Marítimo und immer der Nase nach in Richtung Innenstadt.

Je näher wir kamen, desto lebendiger wurde es wieder. Wir entdeckten immer mehr Strände. Im Norden war nur einer zu sehen, gleich beim Torre de Hércules gibt es einen weiteren kleinen Strand, doch besonders schön sind die knapp 2 km langen Stadtstrände Playa del Orzán und Playa de Riazor, die wir nun entlang spazierten. Windsurfen, Tauchen, Rudern oder Kanufahren - hier ist alles möglich. Jetzt in der Nebensaison war natürlich nicht mehr ganz so viel los. Im Sommer sieht das bestimmt alles ganz anders aus.

Bild An der Calle Modesta Goicouría bogen wir schließlich ab in die Innenstadt. Wir ließen das Meer und die Strände hinter uns und standen nun im geschäftigten Treiben A Coruñas. Wobei: So geschäftig war es hier gar nicht, zumindest nicht so, wie man es von anderen Städten her kennt.

Bild In einem der zahlreichen Restaurants/Cafés legten wir schließlich eine kleine Verschnaufpause ein. Kurz mal die Beine entlasten. Das tat gut! Außerdem mussten wir uns ja auch noch stärken für die bevorstehende Shopping-Tour! ;-) Obowohl für mich Sightseeing immer an erster Stelle steht, komme ich in Spanien einfach nie am Shoppen vorbei. Ja, und auch heute kam ich wieder mit einigen Tüten aus den Läden heraus. Erfolg auf ganzer Linie! :-)

Wir bummelten entlang der Gassen und Straßen und waren immer wieder fasziniert von den herrlichen Häuserfassaden. Die meisten von ihnen erstrahlen in reinem Weiß, zwischendurch findet man dann aber auch wieder mit Fliesen verzierte Balkone oder Fensterrahmen.

Das Highlight erwartete uns schließlich ein paar Schritte weiter an der Plaza de María Pita: Das Rathaus, 'Palacio Municipal'. Was für ein grandioser Bau! Es gibt immer wieder Momente auf unseren Reisen, in denen ich wirklich zwei Mal schauen muss, ob das, was da vor mir steht, wirklich echt ist. Manches sieht auf den ersten Blick oft so unrealistisch aus.

Bild Auf dem davor liegenden Platz findet man auf einer Säule die Stadtheldin "María Pita", die dem Platz auch ihren Namen gab. Sie rettete 1589 durch eine Warnung die Stadt vor britischen Eindringlingen.

Noch einmal eine kleine Pause eingelegt, entschieden wir uns nun zur Rückkehr zum Schiff. Knapp sechs Stunden waren wir heute unterwegs und inzwischen ganz schön geschafft. Gut zwanzig Kilometer hatten wir zurück gelegt und dabei eine wirklich tolle Stadt kennen gelernt. Hier könnte ich mir sogar mal ein verlängertes Wochenende vorstellen, da es einfach so viele Möglichkeiten gibt und man hier an den Stränden und in den Naturparks auch mal so richtig schön abschalten kann.

Wieder an Bord, gönnten wir uns jetzt erst einmal ein leckeres Eis und vom Balkon aus genoss ich noch einmal den Ausblick auf die Stadt.

Zum Auslaufen gegen 18 Uhr begaben wir uns heute mal auf Deck 5 zum Bug. Es ist der einzige Platz auf der Mein Schiff 4, von wo aus man einen uneingeschränkten Blick nach vorne hat (mit Ausnahme des Saunabereichs und der X-Lounge). Für kleine Leute wie mich allerdings eher suboptimal, da hier die Reling einfach viel zu hoch ist. So war es auch mit den Ausflauffotos ein wenig schwierig.

Bild Dafür haben wir wohl dem Kapitän eine kleine Freude bereitet. - Wenn zwei Frauen mal in ein Gespräch vertieft sind, na dann merkt man eben auch nicht, dass man sich direkt nebem dem Nebelhorn platziert hat. Wobei ... Nebelhorn ... ja, da haben wir es ja schon: Ein NEBELhorn wird eingesetzt, wenn es NEBLIG ist ... doch wir hatten heute wunderbarstes Wetter, klar, blauer Himmel, Sonne ... kann ja eigentlich nichts schief gehen.

Doch irgendwie schienen die Jungs auf der Brücke einen Clown gefrühstückt zu haben. Das Nebelhorn ertönte zwei, drei Mal und hat uns so dermaßen erschrocken, dass wir doch gleich zur Seite gehüpft sind. Mensch, sind die fies! Wissen die eigentlich, wie LAUT so etwas ist? ;-) Leider konnten wir sie aufgrund der spiegelnden Fenster nicht erkennen, aber das musste ich auch nicht, um sie laut lachend und sich auf die Schultern klopfend vor mir zu sehen. Mein lieber Kapitän, wir haben noch ein Hühnchen zu rupfen ... ;-)

Zum Abendessen zog es Toni und mich heute wieder einmals ins GOSCH Sylt. Wir bekamen einen ganz tollen Platz direkt am Panoramafenster und verspeisten Krabben, Shrimps & Co, bevor wir uns schließlich alle wieder in der Schau Bar trafen und uns über die heutigen Erlebnisse austauschten.

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Fotoalbum A Coruña im September 2015


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