2. Tag: Stadterkundung in Miami & Abendliches Treiben am Ocean Drive

Obwohl ich das ein oder andere Mal aufgewacht war, fühlte ich mich heute Morgen erstaunlich ausgeschlafen. Leider war das Wetter nur minimal besser geworden. Zwar gab es heute keinen Regen und keinen Sturm mehr, dafür aber blieb es nahezu die gesamte Zeit über bewölkt. Doch warm war es - und das war ja schon mal was!

Auf ein Frühstück verzichteten wir und wie vereinbart, pünktlich um 8.50 Uhr, erwartete uns dann auch schon "Toni", unser Reiseleiter für Miami. Toni ist gebürtiger Fürther, lebte einige Zeit in Deutschland und ging dann eines Tages in die USA zurück. Rund fünf Stunden lang führte er uns zu den schönen, aber auch weniger schönen Seiten Miamis und erzählte uns in deutsch-amerikanischem Slang sehr viel Interessantes über das Leben in der Metropole.

Dabei hatten wir heute richtig Glück, überhaupt rechtzeitig zum Ausflug erschienen zu sein. Gestern bei Ankunft die Uhren sechs Stunden zurück gestellt, hatte natürlich niemand erwähnt, dass in der Nacht auf Sonntag in Amerika die Sommerzeit beginnt und hier die Uhren wiederum um eine Stunde vorgestellt werden! Am Morgen wunderten wir uns noch über die eine Stunde Unterschied zwischen Armbanduhren und Handys. Gott sei Dank hatten letztere sich automatisch gestellt und weckten zuverlässig.

Bild Im Minivan Platz genommen, holten wir noch acht weitere Personen an verschiedenen Hotels am Miami Beach ab und dann konnte die Tour auch schon losgehen. Gleich zu Beginn wurden wir gefragt, ob wir nur das schöne und luxuriöse Miami sehen wollen oder auch mal etwas hinter die Kulissen blicken möchten. Natürlich wollten wir letzteres, denn allen war klar, dass jede Stadt zwei Gesichter hat und wir hatten diese Tour ja schließlich auch deshalb gebucht, um Miami "richtig" kennen zu lernen.

Zunächst fuhren wir entlang des Ocean Drive im Art Deco District, eine der bekanntesten Straßen der Stadt. "Sehen uns gesehen werden" ist das Motto hier und obwohl es hier erst abends so richtig abgeht, mangelt es auch tagsüber nicht an Menschen. Unser Reiseleiter zeigte uns die einzelnen Cafés und Bars und konnte zu jedem einzelnen die prominenten Besitzer nennen oder die Serien, die hier gedreht wurden (wie z. B. Miami Vice).

Über den MacArthur Causeway ging es Richtung Downtown Miami und wir hatten einen schönen Blick auf den Port of Miami mit zahlreichen Kreuzfahrtschiffen.

Bild Unser Tourguide bog ab in eine Seitenstraße, noch eine Querstraße, schon standen wir mitten in einem Armen-Viertel. Unglaublich. Gerade noch zwischen den Wolkenkratzern hindurch, vorbei an teuren Autoläden und plötzlich sieht alles so herunter gekommen und verlassen aus. Es war früher Vormittag, von daher schliefen lt. "Toni" noch viele der Bewohner hier. Mir war es ganz recht, denn eigentlich ist es mir unangenehm, "Slums" als Tourist zu "begaffen". Interessant war es zugegebenermaßen aber schon, allein deshalb, um den krassen Unterschied zu sehen. Ich denke, man darf es auch nicht als "begaffen" betrachten; eher ist es auch mal wichtig zu sehen, dass eben nicht alles eitel Sonnenschein ist.

Die Geschichten, die uns der Guide über die Menschen hier erzählte, waren in der Tat zum Teil schockierend. Nicht gewusst hatte ich z. B., dass es hier noch immer streng geteilte Bereiche gibt, also "Schwarz" und "Weiß" getrennt und dass man in manchen Gegenden auf Polizei vergeblich warten würde. Kalt den Rücken lief es mir hinunter, als wir an einer Laterne vorbei fuhren, welche umringt war von Teddybären. Trauerbezeugungen für erst vor kurzem erschossene Kinder aus dem Viertel.

"Toni" wusste schon sehr genau, in welche Straßen er einbiegen konnte und in welche nicht. So manches Mal lenkte er kurzfristig in eine andere Straße, teilweise kannte er aber wohl auch einige der Menschen hier. Früher mal bei der Obdachlosenhilfe tätig, hatte er natürlich eine ganz andere Beziehung/Sichtweise zu allem. Unsicher gefühlt habe ich mich wärend der Tour durch die diversen Armenviertel zu keiner Zeit.

Mit zunächst etwas gedämpfter Stimmung und unendlich vielen Gedanken, die nun wohl in allen unseren Köpfen kreisten, verließen wir die Schattenseite der Stadt schließlich wieder und fuhren weiter nach Coconut Grove, zum Vizcaya Estate Park. Hier ließ sich James Deering 1916 einen extravaganten Wintersitz errichten; ein 70-Zimmer-großes Schlösschen im Stil der italienischen Renaissance. Wir fuhren die tolle Einfahrt durch die verwurzelten Bäume hindurch und erblickten zahlreiche Statuen. Ein Besuch des angrenzenden Museums stand nicht auf dem Plan, hätte mich aber auch nicht gereizt.

Bild Zurück fuhren wir an ein paar wunderschönen Villen vorbei, alles pickobello sauber. Auch die Villa des Sängers Juanes entdeckten wir. Aktuell schien sie jedoch eher verlassen. Was für eine schöne Gegend, sehr ruhig, sehr grün und mit ganz viel Charme. Hier spürt man erstmal nichts mehr von der pulsierenden Großstadt.

Das Stadtviertel Coconut Grove wurde Anfang des 19. Jahrhunderts gegündet ist das älteste, ständig bewohnte Viertel Miamis. Besonders beeindruckend fand ich die vielen hochwurzeligen Bäume, die den Ortsteil so wunderbar romantisch erscheinen lassen.

Weiter führte es uns zur Miami City Hall, welches einst ein Terminal für Wasserflugzeuge von Pan Am war. Die Logos sind immer noch an der Hausfassade zu sehen!

Wir fuhren am Venetian Pool vorbei, ein öffentliches Schwimmbad, welches in den 20er Jahren in einem ehemaligen Steinbruch errichtet wurde und aufgrund der italienisch angehauchten Gestaltung an Venedig erinnert. Leider fanden gerade Renovierungsarbeiten statt, so dass kein Wasser eingelassen war und das gesamte Bad sehr trist wirkte.

Bild Dafür aber begeisterte uns schließlich wieder das Biltmore Luxus-Hotel im Stadtteil Coral Gables. Eröffnet im Jahre 1926, diente es im Zweiten Weltkrieg als Krankenhaus und war dem Campus der University of Miami Medical School angeschlossen. Ab 1987 wurde es wieder als Hotel genutzt. Wir stiegen aus, liefen einmal quer durch die Anlage und sahen uns sowohl die herrliche Poolanlage als auch das Innere des Hotels an. Sehr schön, ich denke, das könnte mir auch gefallen, liegt aber bei rund 500,- US-Dollar pro Nacht nicht ganz in meiner Preisklasse.

Bild Weiter ging es in den Stadtteil Little Havanna. Er erstreckt sich westlich von Downtown und grenzt an Coral Gables. Wir fuhren die Straßen entlang und tatsächlich: Kuba lässt grüßen! Überall kubanische Zigarren, Spanisch an jeder Ecke. Leider war heute aufgrund des Sonntags fast alles geschlossen. An der Calle Ocho lud uns "Toni" auf einen Café Cubano ein, ein süßer, starker Espresso. Die Bar war wirklich niedlich, die Leute dort sehr nett. Zwar durfte man nicht genau hinsehen, aus welcher verdreckten Kaffeemaschine der Kaffee kam. Aber was einen nicht umbringt, härtet ab ... gut war's auf jeden Fall und die drei Espressi sollten mich jetzt so richtig wach halten.

Inzwischen war es schon kurz nach 13 Uhr und wir fuhren weiter zum Schiffsanleger am Bayside Marketplace. Unser Guide hatte uns Tickets für eine Bootsfahrt entlang der Biscayne Bay zu den Villen der Schönen & Reichen mit der Island Queen reserviert.

Bild Toni und ich nahmen auf dem Oberdeck Platz, denn von hier aus hatten wir einen sehr schönen Blick sowohl auf die Skyline von Miami als auch auf die zahlreichen Villen. Ein junges Mädchen nannte uns die Sehenswürdigkeiten und konnte uns jeden prominenten Besitzer der jeweiligen Villen nennen. Ob Jennifer Lopez, Madonna, Ricky Martin oder wen auch immer. Es war schon mal interessant, die Häuser dieser Leute zu sehen, zumal hier wirklich keine Villa der anderen gleicht! Völlig unterschiedliche Stile. Vom kleinen britischen Landhaus über Schlösschen bis hin zum total verglasten modernen Haus ... und dazu natürlich auch immer die dazugehörige Yacht. Carmen Electra schien zu Hause gewesen zu sein, zumindest stand die Yacht davor und das Haus sah auch bewohnt aus. Live gesehen haben wir jedoch niemanden. Ich frage mich auch, ob sich hier jemals ein Promi auf die Liege legt, wenn ständig Ausflugsdampfer direkt am Garten vorbei fahren ...

Die gesamte Rundfahrt dauerte rund 90 Minuten, dann erreichten wir auch schon wieder den Bayside Marketplace. Weil wir heute noch keinen Bissen gegessen hatten und die Mägen schon in der Kniekehle hingen, steuerten wir sofort das dortige Hard Rock Café an. Vom Restaurant war ich echt begeistert. Seit langem mal wieder ein richtig schön gestaltetes Hard Rock Café. Toni bestellte sich einen Burger, ich mir dagegen eine "kleine" Portion Nachos. Ich weiß ja nicht, was man hier unter "klein" versteht. Die hätte für eine ganze Familie gereicht! Aber gut war's ... Mmmmhhh!

Bild Etwa eine Stunde später trafen wir uns alle wieder am Minivan, "Toni" wartete bereits auf uns und brachte uns alle wieder zurück zu den Hotels. Die Tour war zuende, während der Rückfahrt machten wir noch einen kurzen Abstecher zum ehemaligen Haus von Boris Becker und der Reiseleiter erzählte und erzählte und erzählte. Was wir heute alles erfahren haben ... Ich muss zugeben: Anfangs war ich nicht so begeistert, als Toni mir den Vorschlag mit dem Ausflug machte, wollte ich zunächst doch lieber auf eigene Faust mit Hop-On-Hop-Off-Bus durch die Stadt düsen. Aber nun war ich wirklich froh, ihn dann doch noch gebucht zu haben. Er hat sich absolut gelohnt und ich kann ihn allen nur weiter empfehlen (http://us2u.travel/us2u/).

Wieder im Hotel angekommen, unternahmen wir einen kleinen Strandspaziergang. Viel los war heute aufgrund des eher mäßigen Wetters nicht, aber das war uns nur recht. Während des Weges entdeckten wir ganz eigenartige, glibberige, Tierchen, vermutlich Quallen.

Nun war uns beiden nach Kaffee und so machten wir uns auf die Suche nach dem Starbucks, welcher lt. google hier ganz in der Nähe sein sollte. Wir spazierten die Promenade am Strand entlang, vorbei an zahlreichen Hotels, aber ein Café war nicht in Sicht. Nach gut dreißig Minuten bogen wir schließlich mal ab auf die Collins Avenue und fragten einen Hotelangestellten. "Ach, diesen Starbucks gibt es nicht mehr, da wird gerade gebaut, der nächste ist in der Lincoln Road." Huch, die Lincoln Road war aber noch ganz schön weit entfernt und weil wir ohnehin heute Abend zum Ocean Drive wollten, sparten wir uns jetzt lieber den Weg und steuerten einen kleinen Laden an, die auch Kaffee hatten. Wir nahmen direkt an der Collins Avenue Platz, quatschen über Gott und die Welt und ich hatte das Gefühl, richtig angekomen zu sein im Urlaub.
Bild
Eine kleine Pause eingelegt, machten wir uns am frühen Abend erneut auf den Weg. Wiederum entlang der Strandpromenade spazierten wir in knapp 45 Minuten zum Ocean Drive. Mit Einbruch der Dunkelheit beginnt hier das Leben und es war "richtig" was los. Jetzt waren wir also mittendrin im Geschehen; genau deshalb wollte ich ja so unbedingt nach Miami, um das Treiben hier mal live mitzuerleben.

Uns bot sich das Bild eines z. T. völlig durchgeknallten, lustigen Publikums, interessanter und gewagter Styles, lauter Musik aus allen Bars und Cocktails so groß wie eine Maß Bier. Und nicht zu vergessen: Die Auto-Schau! Natürlich muss man Mustang, Porsche & Co. hier in Schrittgeschwindigkeit vorführen.

Wir sahen uns das gesamte Art-Deco-Viertel näher an und besuchten auch den ein oder anderen Laden in der Lincoln Road. "Dieses Kleid hier ist aber schön ...", dachte ich mir. Beim Anblick des Preises wurde es mir ganz heiß: 1.500 US-Dollar! Puh!

Bild Im Ocean's Ten (Il Paparazzi) Restaurant (Hotel Breakwater) entdeckten wir eine ganz ansprechende Speisekarte und nahmen direkt an den Tischen entlang der Straße Platz. Bei Rosé-Wein und leckeren Scampis verbrachten wir hier einen fantastischen Abend.

Dieses Viertel war tatsächlich genau so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte: Bunt, laut, quirlig. Als es plötzlich zu Regnen begann, entschieden wir uns für die Rückkehr zum Hotel. Zu Fuß war es uns jetzt im Dunkeln dann aber doch zu weit und so schnappten wir uns ein Taxi.

Bei einem kleinen Absacker an der Hotelbar ließen wir unsere heutigen Erlebnisse Revue passieren und ich freute mich sehr über den äußerst gelungenen Tag.

Bild

Fotoalbum Miami 2015


Bild
Bild