5. Tag: Ålesund - eine Stadt im Jugendstil


Das Wetterglück hatte uns heute leider etwas verlassen. Schon mein Versuch, den Sonnenaufgang gegen 4.21 Uhr zu fotografieren, scheiterte an den dicken Wolken, die über uns hingen. Als wir schließlich gegen 7 Uhr im Hafen von Ålesund fest machten, regnete es ganz leicht. Schade, aber nicht zu ändern. Jetzt bloß keinen Trübsal blasen, vielleicht wird es ja noch besser.

Bild Das Schiff lag am Storneskaia, der Bug zeigte direkt auf die Stadt, was für uns natürlich wieder einen hervorragenden Ausblick bedeutete.

Nachdem Annette vom Sport zurück gekehrt war, ging es heute zum Frühstücken ausnahmsweise mal ins "Markt Restaurant". Eigentlich meide ich das Frühstücks-Büffet am Morgen und war echt froh, dass es auf der AIDAperla mit dem Frühstück am Platz im "French Kiss" eine echte Alternative gab. Aber natürlich mussten und wollten wir auch mal das Büffetrestaurant am Morgen testen, um mitreden zu können. Nun ja, was soll ich sagen? Nachdem wir gefühlte zehn Runden gegangen sind, um einen Platz für zwei Personen zu ergattern, waren die Schlangen am Büffet lang. Ich holte mir mein übliches Frühstück mit Nutella, Brötchen, frisch gekochtem Ei, und verzog mich dann wieder an meinen Platz. Annette und ich sahen uns an und waren uns wortlos einig: Ab morgen geht es wieder ins French Kiss. So viel Stress am Morgen braucht keiner – und ich schon gleich drei Mal nicht.

Kurz vor 11 Uhr holten wir unsere Sachen aus der Kabine und machten uns auf den Weg in die Stadt. Die AIDAperla steht hier in Storneskaia sehr zentral, so dass man keinen Shuttle benötigt. Direkt hinter uns hatte die Britannia von P&O Cruises festgemacht.

Bild Ausgerechnet jetzt fing es wieder zu Regnen an und die ersten paar Meter legten wir mit dem Regenschirm zurück. Generell sollte es heute sehr wechselhaft sein und bleiben, der Regen zog sich im Laufe der Zeit zurück, die Wolken blieben uns jedoch bis in den frühen Nachmittag erhalten.

Ålesund war zu Beginn den 19. Jahrhunderts ein kleines Fischerdorf mit gerade mal 300 Einwohnern. Aufgrund der zahlreichen Fischfänge wurde die Stadt immer größer und größer und schon Ende des 19. Jahrhunderts zählte man schließlich rund 12.000 Einwohner. 1904 brach durch eine umgefallene Petroleumlampe in einer Margarinefabrik so ein gewaltiges Feuer über der Stadt aus, dass über 850 Häuser niedergebrannt wurden und knapp 10.000 Menschen innerhalb von 16 Stunden obdachlos wurden. Daraufhin durften im Stadtkern nur noch Steinbauten errichtet werden und innerhalb von drei Jahren wurde Ålesund im Jugendstil wieder aufgebaut. Das Zentrum der Stadt liegt auf den drei Inseln Hessa, Nørvøy und Aspøy, welche durch Brücken miteinander und mit dem Festland verbunden sind.

Mir war Ålesund noch von der Norwegen-Reise 2013 bekannt. Damals ging es u. a. auf den Hausberg Aksla, von wo aus man einen tollen Blick zurück auf die Stadt hat (siehe hier). Aufgrund der dicken Wolkendecke und weil Annette auch keine große Lust hatte, verzichteten wir heute allerdings auf den Aufstieg und hielten uns stattdessen lieber direkt in der Stadt auf.

Bild Vom Hafengelände ging es also erst einmal zur R. Ronnerbergsgate. Von einem kleinen Mauervorsprung mit einer Statue eines Fischerjungen hat man einen tollen Blick auf den Brosundet, dem kleinen Binnenhafen; drum herum die fantastischen Jugendstilhäuser der Stadt, u. a. die bekannte Schwanenapotheke mit authentischem Dekor.

Weiter ging es über die Apotekergata zur Brunholm Gata. Hier hatten wir immer mal wieder einen schönen Blick zurück ins Jugendstilviertel, bis es nicht mehr weiter ging und wir den Weg wieder zurück spazierten zur Ronnebergsgate. Dort steht das sehr imposante Gebäude Ronneberg Rongve, was Norweger-Kleidung, allen voran Fischerbekleidung, verkauft.

Wir spazierten die Notenesgata und die Skansensgata entlang, links im Blick immer die Häuserzeile des Stadtteils, in dem wir uns vorher noch aufgehalten haben. Hin und wieder kam ein kleines Fischerboot entgegen und draußen am Meer entdeckten wir relativ klein ein Schiff von Hurtigruten, das soeben Alesund ansteuerte.

Annette und ich spazierten gemütlich weiter zum Hurtigruten-Terminal, das Schiff wurde immer größer und letzten Endes schauten wir ihm beim Anlegen zu. Das Anlegen geht hier ja immer relativ flott. Mit hoher Geschwindigkeit an den Pier gefahren, Seile geworfen, und schon gehen die Klappen auf. Bis die ersten Personen von Bord gehen, vergehen keine fünf Minuten. Rekordzeit – für klassische Kreuzfahrtschiffe nicht machbar.

Bild Während wir hier beim Anlegen zusahen, dachte ich mir noch so nebenbei, "das Schiff jetzt zu besichtigen, wäre auch nicht schlecht". Immerhin hatte ich noch keine Hurtigruten von Innen gesehen, bisher immer nur in den verschiedensten Häfen liegen. Noch als ich mich mit Annette austauschte, ob wir nicht vielleicht einfach fragen sollten; mehr als nein sagen können sie ja nicht, wurde auch schon ein Schild aufgestellt, welches Guests & Visitors begrüßte. Visitors? Hm, wir waren ja Besucher. Also dann einfach mal los und fragen. Ich hatte meinen Satz noch gar nicht vollständig beendet, als die Dame mir schon den Besucherausweis entgegen streckte. Wir mussten lediglich unsere Ausweise vorzeigen, sonst nichts. Whow! So schnell hatte ich auch noch keine Schiffsbesichtigung klar gemacht. Nach gerade mal einer Minute waren wir auch schon an Bord der MS Nordnorge. Cool!

Aber Halt! Wie lange durften wir uns überhaupt hier aufhalten? Die Hurtigruten-Schiffe sind ja häufig nur mal eine halbe Stunde in einem Hafen; nicht, dass wir dann aus Versehen noch mitfahren?! Doch Stress hatten wir wirklich nicht. Erst um 15 Uhr sollte sie wieder ablegen; hervorragend.

Irgendwie konnte ich es noch gar nicht richtig glauben, dass wir tatsächlich hier an Bord waren. Alle anderen Reedereien machen immer ein großes Brimborium um eine Besichtigung. Oft ist sie gar nicht möglich und wenn, dann nur in Gruppen und/oder nach monatelanger vorheriger Anmeldung. Und hier – zack, drauf! Super, ich strahlte übers ganze Gesicht. Das war mal wieder einer dieser Glücksmomente, die man nicht planen, sondern einfach nur genießen kann.

Bild Die (4.) MS Nordnorge (es gab bereits 3 weitere mit diesem Namen!) wurde 1996 in Dienst gestellt und 2016 vollständig renoviert. Sie hat eine Länge von gerade mal 123 Metern und einen Tiefgang von 4,9 Metern und befördert bis zu 590 Passagiere mit einer 59-köpfigen Crew.

Wir begannen unseren Rundgang in einem der insgesamt drei Restaurants, im Brygga Bistro, an welches direkt das Kysten, arktische Feinkost, grenzt. Die Einrichtung hier war im Gegensatz zum Rest des Schiffes sehr modern und frisch. Weiter ging es über das sehr klassisch gehaltene Treppenhaus (ausgestattet mit wundervollen Bildern der Hurtigruten-Schiffe sowie Norwegens) auf das Seitendeck von Deck 5. Hier spazierten wir einmal komplett herum. Natürlich kann man das Seitendeck dieses Schiffes nicht mit dem eines großen Passagierschiffes vergleichen, mit dem wir z. B. unterwegs waren. Es ist doch alles sehr zweckmäßig gestaltet, der Boden mit einem speziellen Belag ausgestattet und der Platz hält sich ebenfalls in Grenzen. Dafür konnte man von hier mehr oder weniger direkt in die über uns liegende Brücke blicken.

Auf der anderen Seite betraten wir wieder den Innenbereich des Schiffes, spazierten einmal durch den Gäste-Korridor und konnten sogar einen kurzen Blick in eine der Kabinen erhaschen, die gerade geputzt wurde.

Auf Deck 7 erreichten wir das Multe, eine Bäckerei und Eiscreme-Bar, wo es sich der Kapitän mit seinen Kollegen gemütlich gemacht hatte. Etwas komisch schaute er uns ja schon an, als wir uns hier umsahen. Erstaunlicherweise waren Annette und ich auch die einzigen Besucher hier. Sonst hatte wohl niemand großes Interesse an dem Schiff.

Bild Über die Explorer Lounge & Panorama-Bar, die sehr großzügig gestaltet ist und wo sich sicherlich während einer Reise der Hauptteil der Gäste aufhalten wird (schließlich hat man von hier den besten Blick auf die Fjorde!), besuchten wir im Anschluss noch das Outdoor Explorer Deck am Heck des Schiffes, wo sich einige Liegestühle befinden, aber auch Yacuzzis zu finden sind. Eine kleine Bar (nur geöffnet bei Betrieb) sorgt für das leibliche Wohl.

Wieder zurück auf Deck 4 ging es am Hauptrestaurant Torget vorbei, welches wir uns allerdings nur kurz vom Eingang aus ansahen, da die Gäste gerade aßen.

Nun hatten wir alles von der MS Nordnorge gesehen. Groß ist sie ja nicht, und in der Ausstattung her nun auch nicht unbedingt eines meiner bevorzugten Kreuzfahrtschiffe. Doch wer sich den Norden in alle Ruhe ansehen möchte und weder Trubel noch Entertainment sucht, ist hier genau richtig. Abgesehen davon wird das Schiff von einem Expeditionsteam begleitet, welches regelmäßig interessante Vorträge, Präsentationen und Aktivitäten anbietet. Eine Reise mit Hurtigruten verbindet Menschen mit Interesse an der Natur und Kultur und versucht, die Gäste für alles etwas zu sensibilisieren.

Im Übrigen gibt es auch noch eine kleine Sauna sowie einen kleinen Fitness-Raum und wer sein Auto mitnehmen möchte, kann dies auf Deck 2 parken.

Eine knappe dreiviertel Stunde hielten wir uns hier auf dem Schiff auf, danach waren alle Fotos gemacht und vorbei an der Rezeption trennten wir uns wieder von unserem Besucherausweis. Mit breitem Grinsen verließ ich die MS Nordnorge. Happy über diese einmalige Gelegenheit, sich das Schiff einmal live ansehen zu können.

Bild In der Zwischenzeit kämpfte sich auch die Sonne ein wenig durch die Wolken und wir beschlossen, irgendwo einen Kaffee trinken zu gehen. Zum draußen sitzen war es zwar zu nass, aber wir wurden mit dem äußerst netten Café namens LYST in der Kongens Gate, direkt in der Fußgängerzone, fündig. Klein, aber fein und vor allem sehr interessant eingerichtet. Holztische, dazu orientalische Lichter, im Hintergrund jedoch Pop-Art-Bilder und Couch-Sessel. Sehr fein.

Hier hielten wir uns eine Weile auf, als es schließlich gemütlich durch die Fußgängerzone ging. Bei einem Juwelier kaufte ich mir schließlich einen Halskettenanhänger in Form eines Trolls. Den hatte ich schon auf div. Flyern gesehen und mich natürlich sofort verliebt. Die Steuer konnte ich mir immerhin am Ende der Reise wieder zurückholen. Das wollte genutzt werden.

Zum Abschluss unseres Rundgangs durch Ålesund wollte ich schließlich noch zur Kirche von Ålesund. Sie liegt auf der Insel Aspoy auf einem kleinen Berg und ist von weiten Teilen der Stadt aus zu sehen. Das Innere der Kirche aus 1909 besteht aus wunderschönen Glasmalereien und Dekorationen. Der Eintritt liegt bei ca. 3 € pro Person.

Von hier aus ging es schließlich langsam wieder zurück zum Hafen. Von der Stadt hatten wir soweit alles gesehen, wir waren müde und frisch war es ebenfalls.

Bild Unsere Taschen auf die Kabine gebracht und ein wenig ausgeruht, spazierte ich ein bisschen über das Schiff, mit dabei meine Glas-Fotokugel. Mit der Stadt im Hintergrund wollte ich das ein oder andere ausprobieren. Ich wurde zwar von manchen Leuten etwas komisch angeschaut, was ich da wohl mit meiner Wahrsager-Kugel vorhabe. Aber egal. Es laufen so viele komische Leute herum – warum sollte ich nicht auch mal dazugehören?

An der Perla-Bar wieder mit Annette getroffen, bestellten wir uns alkoholfreie Cocktails und ich holte uns noch ein Stückchen Kuchen von der Casino-Bar. Typisch Deutsch! Wo es Kaffee und Kuchen gibt, sind die Leute nicht weit. Der Ansturm war mal wieder groß; aber hey, heute hatte ich eben auch mal Lust drauf.

Zum Auslaufen der P&O Britannia um 17 Uhr machten wir uns schließlich in der Lanai-Bar bequem. Etwas frisch war es schon, aber ich wollte das Auslaufen unbedingt miterleben. Die P&O-Schiffe sind bekannt dafür, die englische Nationalhymne zu spielen. Davon bekamen wir letztendlich dann aber leider gar nichts mit, da sie ja nicht an uns vorbei fuhr, sondern einfach nur nach vorne startete. Aber egal. Der Anblick war trotzdem schön und ich konnte einige tolle Fotos dieses Schiffes machen.

Mit etwas Verspätung verließen auch wir gegen 18.30 Uhr den Hafen von Alesund. Begleitet von einem Löschboot, der uns gebührend verabschiedete, ließen wir diese Stadt hinter uns. Zwischenzeitlich hat es wieder zu regnen begonnen und trotzdem war es einfach nur schön. Der Kapitän hupte, das Löschboot hupte zurück und die Wolken hingen tief über den Bergen. Während Annette sich schon für den Abend zurecht machte, verweilte ich noch auf dem Balkon. Ganz leise und langsam glitt das Schiff wieder dahin und ich genoss wieder einmal diesen Augenblick.

Bild Zum Abendessen hatten wir heute wieder im "French Kiss" reserviert. Weil sich mein Hunger jedoch in Grenzen hielt, bestellte ich ausnahmsweise zwei Vorspeisen, verzichtete auf die Hauptspeise und orderte als Nachspeise einen Käseteller. Doch damit brachte ich den gesamten Ablauf des Teams durcheinander. Irgendwie konnten sie es nicht mit der normalen Menüfolge von Annette koordinieren, so dass sie das eine Mal ohne etwas da saß und beim nächsten Mal dann gleich zwei Teller auf einmal serviert bekam, was natürlich gar nicht geht. Also einer wieder zurück und kurze Zeit später erneut gebracht. Etwas chaotisch war das ja schon, aber mein Gott, was soll's. Wir lachten eher darüber als dass wir uns ärgerten. Kann ja mal passieren.

Doch dadurch saßen wir länger als geplant in der Brasserie, so dass wir im Theater keinen Platz mehr bekamen. Aber nicht so schlimm; heute wurde hier "Wer wird Millionär" gespielt und das konnten wir uns genauso gut von der Lounge der Bibliothek hinterhalb des Theatriums mit anhören und auf einem der Fernseher mitverfolgen. Dazu ein guter Cocktail, was will man mehr?

Gegen 23 Uhr warf Annette den Gedanken an den Besuch der Disco D6 ein. Die hatten wir auf unserem kleinen Schiffsrundgang am ersten Seetag kurz besucht und wollten mal sehen, was da so los ist. Nun ja … genau genommen … nichts! Außer ein Teil der Crew waren hier nur noch ein oder zwei Gäste zu sehen. Wir beschlossen, erst einmal eine Currywurst am „Scharfen Eck“ unweit der Disco zu essen. Für den kleinen Hunger perfekt und außerdem musste das ja auch noch getestet werden. Schließlich hatte ich mir vorgenommen, jede einzelne Ecke des Schiffes auszuprobieren.

Weil wir auf die White Nights-Party oben im Beach Club keine Lust hatte, gab's dann eben doch noch einen Drink in der Disco D6, in der Hoffnung, dass sich diese vielleicht noch füllen mögen würde. Aber nur hin und wieder schauten ein paar Leute vorbei, gingen dann aber auch genauso schnell wieder. Wir genossen unsere Drinks und machten uns dann aber gegen Mitternacht auch wieder auf den Weg in die Kabine. Es war ein langer Tag.

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Fotoalbum Alesund


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