4. Tag: Zu Gast in Nordfjordeid


Nachdem im Tagesprogramm immer die Sonnenaufgangszeiten angegeben waren, hatte ich mir natürlich für diese Zeit wieder den Wecker gestellt. 5.30 Uhr, irgendwo in Norwegen. Vom Balkon aus betrachtete ich unsere kleine Fjordfahrt durch den Eidsfjord; links und rechts waren die Berge zu sehen, hinter einem von ihnen lugte bereits die Sonne hervor. Eine wundervolle Morgenstimmung. So ruhig und angenehm. Es gab keinen Laut. Das ganze Schiff schien noch zu schlafen und wir glitten ganz ruhig übers Wasser. Einfach wundervoll!
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Trotzdem übermannte mich dann doch irgendwann wieder die Müdigkeit und so legte ich mich nochmals hin. Gegen 7.30 Uhr erreichten wir schließlich das kleine Örtchen Nordfjordeid und ich begab mich wieder auf den Balkon. Noch war es ziemlich bewölkt, nur hier und dort konnte man kleine blaue Lücken entdecken und die Sonne kämpfte sich durch die Wolkendecke. Diese wiederum spiegelte sich wunderbar im Wasser, was mir traumhafte Fotomotive bescherte.

Nicht nur, dass die AIDAperla heute zum ersten Mal hier anlegte – wir waren generell das erste Kreuzfahrtschiff überhaupt, das Nordfjordeid besuchte und dementsprechende Aufregung herrschte auch. An der Mole und am Pier standen zahlreiche winkende Menschen, Fahnen wurden geschwungen, kleine Boote begleiteten uns und Kanonenschüsse waren zu hören.

Bild Die Einwohner freuten sich sichtlich über unsere Ankunft, was heutzutage ja nicht mehr ganz so oft der Fall ist. Ich hoffe jedenfalls, dass sie sich diese Freude auch über die Jahre hinweg bewahren. Zumindest hält sich die Zahl der Anläufe hier aber auch in Grenzen und so denke ich, ist es für die Nordfjordeider in der Tat auch ein kleiner Gewinn.

Erst im April 2019 wurde das Hafengelände fertiggestellt, wobei sich der Ort eine kleine Besonderheit hat einfallen lassen. Statt eines festen Stegs gibt es einen sog. mobilen "Seawalk", ein dreiteiliger Steg, der aus- und wieder eingeklappt werden kann. Nachdem die AIDAperla an div. Tonnen festgemacht wurde, wurde der Steg ausgefahren und dem Schiff angepasst. Eine tolle Idee.

Weil wir heute ohnehin den ganzen Tag hier lagen und ausreichend Zeit für die Stadtbesichtigung hatten, legte ich mich noch etwas hin, während Annette zum Sport ging. Erst um kurz nach 9 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Frühstücken; wie gewohnt, im „French Kiss“.

Das Schiff um kurz vor 10 Uhr verlassen, spazierten wir über den Seawalk direkt in den Ort Nordfjordeid. Vom Land aus hat man einen fantastischen Ausblick auf das Schiff und wir konnten die AIDAperla in ihrer vollen Größe fotografieren. Selten, dass man ein Schiff so vollkommen ohne Hafengelände oder Einschränkungen aufs Bild bringt. Dazu der blaue Himmel in Hintergrund – einfach fantastisch. Fast schon ein Postkartenmotiv.

Bild Ganz gemütlich spazierten wir entlang des Hafenbeckens und waren schon jetzt erstaunt über die unglaubliche Freundlichkeit der Einwohner. An Zebrastreifen blieben diese schon immer einige Meter vorher stehen, lachten uns an, winkten uns zu. Sie versprühten gute Laune und absolute Gelassenheit. So etwas täte uns in Deutschland auch mal ganz gut.

Der malerische Ort, der gerade mal 6.000 Einwohner zählt, ist fußläufig gut erreichbar und wer hier noch nicht war, dem empfehle ich auch tatsächlich, sich das Örtchen näher anzusehen. Ausflüge in die Umgebung sind nicht nur teuer, sondern bedeuten teilweise auch lange Fahrtstrecken. Da ist diese Alternative hier definitiv stressfreier.

Ganz automatisch erreicht man nach nur wenigen Minuten die sehr einladende Fußgängerzone, die links und rechts gesäumt ist von weißen Holzhäusern, an deren Fassaden häufig die norwegische Flagge gehisst ist. Cafés und kleine Boutiquen begrüßten die Gäste der AIDAperla, vor einer Bäckerei wurden Pancakes gebacken.

Bild Wir spazierten ganz gemütlich die Straße entlang und wie auch schon Tags zuvor in Bergen war ich einfach nur glücklich, hier zu sein. Der Anblick dieser weißen Häuser, die freundlichen Menschen, das gute Wetter und einfach alles war so wunderschön und ich war dankbar für die tolle Zeit, die ich hier verbringen durfte.

Von fast überall im Ort zu sehen ist die Eidkirche, die 1840 erbaut und 1915 restauriert wurde. Sie ist umgeben von einem großen und für mich absolut eindrucksvollen Friedhof. Die alten Grabsteine stehen in alle Richtungen, manche sind von Moos überdeckt, andere wiederum bereits umgefallen. Und zwischendurch findet man Stahl-Kruzifixe. Während wir uns hier näher umsahen, entdeckten wir, dass vor allem im Jahre 1936 unglaublich viele Menschen begraben wurden, was uns sehr verwunderte, vermutlich aber eine größere Geschichte dahinter steckt.

Das Innere der Kirche hat mich sehr überrascht, ist sie doch unglaublich bunt gestaltet und wirkt auf den ersten Blick eher kitschig. Der Künstler Lars Kinsarvik vollbrachte hier einige Holzschnitzereien und Rosenmalereien, nicht besonders überrascht hat uns die Heizungsanlage an den Sitzbänken, wenngleich es für uns eher untypisch ist.

Weiter ging es nun in Richtung des Opernhauses. Ja, auch so etwas hat der kleine Ort zu bieten! Hier wird einmal im Jahr eine klassische Oper oder Operette auf professionellem Niveau in einer Eigeninszenierung aufgeführt. Ansonsten dient es – soweit wir zumindest gesehen haben – auch als Kino für ausgewählte Filme.

Bild Heute fand hier allerdings gerade eine Messe für Rollatoren und Rollstühle statt und so ging es nach kurzer Erkundung der Räumlichkeiten (der Theatersaal war leider verschlossen) wieder zurück in Richtung Ortskern.

Direkt neben dem Opernhaus befindet sich auch die Schule und wir stellten schnell fest, dass heute scheinbar sowohl Kindergarten als auch die Grund- und weiterführende Schule den Unterricht nach draußen verlegt zu haben schien. Immer wieder trafen wir auf Kindergarten-Gruppen, die entweder picknickten oder wanderten. Die größeren Schüler joggten die Wege entlang, spielten Beach-Volleyball oder Fußball und waren einfach nur fröhlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Unterricht in Norwegen gerne mal dem Wetter angepasst wird und bei Sonnenschein und warmen Temperaturen dann eben auch spontan mal etwas gesportelt wird.

Direkt gegenüber der Eid Kirche, am Wasser, befindet sich ein kleines Erholungsgebiet. Ein wunderschön angelegtes Areal mit sattgrünen Wiesen, kleinen Picknick-Plätzen und der Möglichkeit zu baden, wenn es einem denn nicht vielleicht doch zu kalt ist. Die Kinder hatten ihren Spaß. Sie sprangen unbekümmert ins Wasser und erfreuten sich daran.

Ebenfalls brandneu ist das Viking-Centre Sagastad, erst am 10. Mai 2019 eröffnet. Hier befindet sich der Nachbau des größten Wikingerschiffs Norwegens mit einer Größe von 30 Metern Länge und 4 Metern Höhe. 1874 wurde das Original-Schiff in dieser Gemeinde gefunden.

Grundsätzlich hätte ich mir das Schiff schon angesehen, aber rund 20 € Eintritt fand ich dann doch etwas übertrieben und war es mir persönlich nicht wert. Annette empfand das genauso und so spazierten wir weiter zum direkt daneben liegenden Einkaufscenter und schlenderten hier etwas durch. Positiv aufgefallen ist uns sofort, dass es hier lauter für uns unbekannte Läden gab. Von H&M, Zara, etc. fehlte jede Spur. Schön, dass Nordfjordeid doch noch typisch norwegisch zu sein scheint.

Bild Schon gestern hatte Annette mir von einem braunen Käse erzählt, der vorzugsweise in Norwegen zu finden ist. Weil zeitgleich auch ein Bekannter mir empfohlen hat, den doch unbedingt mal zu probieren, holten wir uns im Supermarkt also eine Packung "Gudbrand" und Getränke und machten es uns an einem der Picknick-Plätze unweit des Einkaufszentrums bequem. Mit Blick auf den Fjord verspeisten wir schließlich diesen karamellartigen Käse, wobei ich zugeben muss, dass ich nach der zweiten Scheibe aufgegeben habe. Ich liebe Käse, doch der schafft es eindeutig nicht in meinen Kühlschrank. Aber: So haben wir auch das mal probiert, sozusagen eine typische norwegische Spezialität.

Noch einmal etwas zum Fjord spaziert, machten wir uns schließlich langsam wieder auf den Weg zurück zum Schiff.

Rucksack und Kamera auf die Kabine gepackt, ging es ins "East"-Restaurant der AIDAperla. Hier werden die verschiedensten asiatischen Gerichte angeboten, es ist ein reines Büffet-Restaurant mit freier Platzwahl.

Viel Hunger hatte ich nicht, aber da ich mir vorgenommen hatte, alle Restaurants zumindest mal im Ansatz zu testen, machten wir heute hier Halt. Das Ambiente des Lokals gefiel mir gut. Schönes Mobiliar, tolle Dekoration. Die Essensauswahl dagegen fand ich nicht berauschend. Sicher lag es auch daran, dass wir gegen Ende der Öffnungszeiten dort aufschlugen, allerdings war die gesamte Theke in meinen Augen eher überschaubar. Ich stellte mir mein individuelles Asia-Gericht zusammen, brachte es den jungen Herren am Teppanyaki-Grill und bekam im Gegenzug einen kleinen Piepser, der mir etwa 10 Minuten später mitteilte, dass das Gericht nun fertig und abholbereit wäre. Die Qualität war sehr gut, als zweiten kleinen Gang holte ich mir noch etwas Rindfleisch vom Büffet. Platztechnisch hatten wir aber auch hier kein Problem. Keine Schlangen, nichts überlaufen.

Bild Weil das Wetter immer noch so schön war und wir die Lanai-Bar in den letzten Tagen noch gar nicht genutzt hatten, machten wir uns nun auf den Weg dorthin. Die Bar befindet sich auf Deck 7 am Heck, ist teilweise windgeschützt und bietet neben Tresen mit Barhockern auch gemütliche Sitzecken mit Blick aufs Meer. Die erste Zeit verbrachten wir auch genau dort, mit gutem Kaffee und einer fantastischen Aussicht auf den Fjord. Doch so nach und nach wurde es mir einfach zu heiß. Unglaublich, wir waren hier in Norwegen, und hatten im Moment um die 30 Grad, während man zu Hause in Süddeutschland mit Starkregen und Hochwasser kämpfte.

Um mir keinen Sonnenstich zu holen, verzogen wir uns an eine der Theken, es gab noch den ein oder anderen (alkoholfreien!) Cocktail und schließlich drehten wir wieder eine Runde übers Schiff. Manche Ecken haben wir nämlich noch gar nicht näher besucht, so wie den Außenbereich des "Weite Welt Restaurants" auf Deck 7 oder des "Buffalo Steak Houses" auf Deck 8. Die Treppengestaltung dazwischen, mit den großen Kugel-Lampen, die nachts in den unterschiedlichen Farben erstrahlten und damit eine tolle Atmosphäre versprühen, wie auch der generell sehr großzügige und auch ruhige Bereich, haben mir gut gefallen. Hier kann man es sich durchaus auch mal gemütlich machen, wenn man dem Trubel auf einem der oberen Decks entgehen und stattdessen lieber in Ruhe ein Buch lesen möchte.

Weniger attraktiv dagegen finde ich die Kabinen, die direkt am Lanai-Deck mit den Infinity-Pools zu finden sind. Deren Balkone blicken direkt auf das Seitendeck, jeder, der hier vorbei geht, kann direkt in den Balkon und teilweise auch in die Kabine blicken. Hier ist man selbst am Balkon mittendrin im Geschehen, was mir persönlich jetzt nicht so gefallen würde.

Bild Noch ein wenig über die verschiedenen Decks spaziert, machten wir es uns gegen frühen Abend auf unserem eigenen Balkon bequem. Im Schatten war es gut auszuhalten und während Annette die Hängematte austestete, las ich ein wenig in meinem Buch.

Schließlich marschierte eine ganze Musikgruppe vor dem Schiff auf und eine gute Stunde lang spielten sie, was das Zeug hielt. Auch das gehörte wohl noch zum heutigen Begrüßungsprogramm. Vom Balkon aus konnten wir alles gut hören und mitverfolgen; eine nette Idee der Eidfjorder.

Zum Abendessen verschlug es uns wieder ins "French Kiss". Als Vorspeise wählte ich wieder das Beef Tatar, gefolgt vom Nizza-Salat mit Thunfisch und Zwiebeln. Als Hauptgang gab es Rinderhesse mit Ofengemüse und Kartoffelstampf und als Dessert schließlich ein Mousse au chocolat.

Pünktlich zum Auslaufen gegen 20 Uhr spazierten wir wieder auf das Seitendeck auf Deck 8. Von zahlreichen kleinen Booten begleitet, ging es nun unserem nächsten Ziel entgegen: Ålesund. Die Einheimischen winkten uns von allen Ecken zu. Ja, das war auch für sie heute ein aufregender Tag. Das erste Kreuzfahrtschiff im Hafen, das erste Mal eine Invasion von Tausenden von Leuten. Sicher würden sie heute Abend ein Resumée ziehen, aber auch todmüde ins Bett fallen.

(Anmerkung am Rande: Tatsächlich hatte Nordfjordeid an diesem Tag Statistik geführt. Gezählt wurden die Landgänger, die Besucher der Museen, wie viele im Einkaufszentrum unterwegs waren und natürlich, wie viel Umsatz sie gemacht haben. Letzten Endes zeigte sich der Bürgermeister der Stadt mehr als zufrieden.)

Bild Weil wir bisher noch keine einzige Show live gesehen hatten auf der AIDAperla, wollten wir das heute endlich mal nachholen und spazierten gegen 21 Uhr ins Theatrium. Nach wie vor finde ich das Theater auf den AIDA-Schiffen (mit Ausnahme der kleineren Schiffe) nicht sonderlich gelungen. Die Bühne befindet sich auf Deck 6, die Zuschauerränge erstrecken sich auf drei Decks. Drum herum befinden sich Bars und es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Gut für die, die nur mal kurz reinschnuppern wollen. Schlecht aber für die, die sich im Theater fallen lassen und die Show genießen möchten; es gibt einfach immer eine gewisse Unruhe.

Heute fand eine Eigenproduktion des Schiffes statt. "Fabelhafte Freunde" nennt sich das Stück, das die Geschichte eines kleinen Bären erzählt, von seiner Mutter und den liebenswerten Eichhörnchen. Die Handlung variiert je nach Jahreszeit und berichtet von Freud und Leid der Waldtiere. Es ist eine Mischung aus Akrobatik, Tanz und Gesang. Obwohl ich Shows sehr mag und definitiv auch kindisch veranlagt bin, war diese hier dann doch nicht ganz so mein Geschmack, was aber auch an der gesanglichen Leistung lag. Die hatte ich von AIDA etwas besser in Erinnerung (vielleicht bin ich aber einfach zu verwöhnt von den Broadway-Produktionen an Land und auf div. anderen – amerikanischen – Schiffen).

Während Annette sich nach der Show auf die Kabine zurück zog, genoss ich zunächst noch etwas die pure Stille auf unserem Balkon. Ganz leise glitten wir durch die Fjordlandschaft. Es war bereits 22.00 Uhr, aber immer noch hell. Ich erinnerte mich an die Norwegen-Kreuzfahrt 2013, auf der ich zum ersten Mal diese unglaubliche Stille auf dem Meer erlebt habe. Und auch heute: Spiegelglatte See, kein Laut um uns herum. Wie selten erlebt man so etwas; ist der Alltag doch sonst immer von Lärm geprägt.

Bild Jetzt ließ ich Annette aber in Ruhe schlafen und spazierte in den Beach Club. Die Band „Boombastic“ sollte heute hier Schlager spielen und weil ich sie bei der Spanischen Nacht vor ein paar Tagen wirklich fantastisch fand, wollte ich mir das nicht entgehen lassen. Doch heute wurde ich leider etwas enttäuscht. Die Band mag in ihrer Landessprache super sein. Doch Songs auf Deutsch oder Englisch waren dann doch eher weniger ihr Ding und der Funke mochte nicht so richtig überspringen. Also spazierte ich lieber wieder nach draußen und hoch auf das Sonnendeck auf Deck 17. Ganz allein war ich nicht, denn die Sonne war gerade (gegen 22.30 Uhr) am Untergehen und natürlich zog dieses Spektakel auch den ein oder anderen Fotografen an, inklusive mir. Leider ist die Sicht von hier oben etwas eingeschränkt, denn direkt davor erstreckt sich das Dach des Patio Decks. Aber egal. Es war eben ein anderer Blickwinkel und schöne Fotos konnten wir trotzdem alle machen.

Trotz dass die Sonne nun weg war, blieb der Himmel immer noch hell, es sollte auch die ganze Nacht über so bleiben. Ich genoss meine Ruhe, setzte mich auf einen der Liegestühle auf dem Seitendeck und schaute einfach nur die Fjordlandschaft an. Ein wundervoller Augenblick, sehr entspannend und einfach toll.

Zum Abschluss des Abends machte ich es mir noch in der AIDA Bar bequem, trank noch ein paar Gläschen und fiel gegen Mitternacht schließlich dann doch müde ins Bett.

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Fotoalbum Nordfjordeid


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