3. Tag: Tiel & Utrecht


Schon um 4 Uhr morgens erreichten wir Tiel. Während Toni durch die Motorengeräusche im Bett stand, bekam ich natürlich wieder rein gar nichts mit. Tja, so ein tiefer Schlaf hat schon was. Das Ein- und Ausparken ging immer komplett an mir vorüber.

Nach einem schnellen Frühstück machten wir uns gegen 9 Uhr auf den Weg in die Stadt. An die etwas "anderen" Liegezeiten mussten wir uns erst noch gewöhnen. Auf Hochseekreuzfahrten ist man in der Regel ganztags an einem Ort. Auf dieser Flussreise besuchten wir an einem Tag dagegen häufig mehrere Städte und so musste man sich etwas organisieren.

Bild Die MS Normandie stand angenehm nah zur Innenstadt. Einmal übers Sonnendeck nach draußen, waren es nur wenige Schritte bis zum Stadttor (Waterpoort) aus dem Jahre 1979.

Dass die Geschäfte in Holland erst gegen 10 Uhr ihre Türen öffnen, wussten wir zunächst nicht und wunderten uns, dass hier noch gar nichts los war. Auch der Gemüse- und Warenmarkt war erst am Aufbauen, aber prompt stach mir der ellenlange Stoffe-Tisch ins Auge. Hm, ich glaube, da muss ich später noch einmal genauer kruscheln.

Die Gemeinde Tiel ist eine ehemalige Hansestadt in der Provinz Gelderland und eine der ältesten Städte der Niederlande. Sie liegt inmitten des wichtigsten Obstanbaugebiets der Niederlande. Verdeutlicht wird das durch Flipje, einer Figur, die aus Johannis- und Himbeeren besteht und im Stadtzentrum zu finden ist.

Bild Wir spazierten quer durch die Stadt, entlang verschiedener Straßen und Gassen. Tiel gefiel uns. Ein kleines Städtchen, sicher keine Besonderheit, aber doch gemütlich und einladend.

Von der Martinikirche aus dem Jahre 1440 spazierten wir gemütlich wieder in Richtung Hafen, natürlich nicht, ohne den Warenmarkt nochmals aufzusuchen. Dort schlug ich dann bei den Stoffen zu. So viel Auswahl, so kleine Preise ...

Kurz vor 12 Uhr hieß es dann auch schon wieder: Leinen los und ab zum nächsten Ziel: Utrecht.

Die Fahrt durch die Prinses Irene Schleuse beobachtete ich vom Sonnendeck aus. Inzwischen waren wir auf dem Amsterdam-Rhein-Kanal unterwegs. Diese künstliche Wasserstraße von einer Gesamtlänge von 72 km wurde 1952 eröffnet und ist die Verbindung zwischen der Waal und dem Hafen von Amsterdam.

Gleich dahinter trafen wir auf die A-ROSA Brava und die A-ROSA Aqua, die sich bereits wieder auf dem Rückweg nach Köln befanden.

Bild Trotz des eher frischen Wetters machten wir es uns dick eingepackt auf dem Sonnendeck bequem. Ich musste über Benita schmunzeln. Saß sie doch nicht tatsächlich total interessiert mit Blick auf die Landschaft auf dem Stuhl. Während andere Hunde schliefen, scannte sie alles um sich herum genau ab. Was habe ich doch für eine reiseaffine Hundedame ...

Je näher wir Utrecht kamen, desto besser wurde auch das Wetter und schließlich erwartete uns strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Perfekt, genau so hatte ich es mir erhofft.

Leider legten wir relativ weit außerhalb von Utrecht an, was den zu kleinen Kanälen geschuldet war. Unter den Gästen machte sich Unmut breit, einige konnten und wollten es einfach nicht verstehen. Aber was sollte der Kapitän auch machen? Was nicht geht, das geht eben nicht.

Laut google maps trennten uns gut 4,5 km von der Innenstadt. Die Herausforderung nahmen wir an. Gleich nach Anlegen des Schiffes marschierten wir schnellen Schrittes los. Mal sehen, wie weit wir kommen bzw. Lust haben. Erst einmal durch das arabische Viertel hindurch, vorbei an Schulen, dem Bankenviertel und über den Hauptbahnhof, erreichten wir nach knapp 50 Minuten die Altstadt. Na, geht doch!

Bild Utrecht ist die viertgrößte und eine der wichtigsten historischen Städte in den Niederlanden. Sie wird als das "brausende und klopfende Herz" Hollands bezeichnet, was wir definitiv so bestätigen können. Unglaublich, wie viele Menschen hier heute unterwegs waren, ebenfalls unglaublich, dass wir hier ausnahmslos in junge Gesichter blickten. Rund 70.000 Studenten sind in Utrecht gemeldet, mindestens 3/4 davon waren heute auch unterwegs. Wir boxten und schoben uns durch die Straßen, völlig geflasht von dieser Stadt.

Bild Hier gibt es Cafés und Restaurants an allen Ecken, selbst auf den kleinsten Wegen findet man Tische und Stühle. Und jeder einzelne von ihnen war heute besetzt. Einen freien Platz zu finden war schier unmöglich.

So viele Menschen es hier gibt, so viele Räder sind unterwegs - und noch mehr. Ich hatte gedacht, Amsterdam wäre schon 'schlimm' mit ihren tausend Radfahrern. Utrecht hat allerdings noch einmal alles übertroffen. Hier gibt es Rad-Parkplätze, wie man sie noch nie gesehen hat. Da werden die Räder nach oben gestapelt! Und damit noch nicht genug: Auf unserem Spaziergang streiften wir doch nicht tatsächlich ein eigenes Rad-PARKHAUS! Was es nicht alles gibt.

Nicht zu übersehen ist natürlich der 112 Meter hohe Domturm mitten im Zentrum. Der höchste und älteste Kirchturm des Landes ist das Wahrzeichen der Stadt und wurde zwischen 1321 und 1382 erbaut. 465 Stufen führen auf eine Aussichtsplattform. Normalerweise bin ich die erste, wenn es darum geht, nach oben zu steigen. Heute allerdings wollte ich Toni und Benita nicht ewig warten lassen und verzichtete daher darauf.

Trotz des Trubels war ich absolut begeistert von dieser Stadt. Die Kanäle, die bunten, historischen (Armen-)Häuser, die netten Parkanlagen ... traumhaft! So auf den ersten Blick gefiel mir Utrecht noch einen Tick besser als Amsterdam. Ich glaube, hier ist mal ein eigener Städtetrip fällig.

Bild So langsam merkte man Benita Nervosität an. Kein Wunder, immerhin waren wir schon einige Kilometer unterwegs, dazu die unzähligen Menschenbeine ... Als dann auch noch ein kleines Mädchen permanent hinter ihr her lief und ihr auf den Hintern klopfen wollte, entschieden wir uns zur Rückkehr. Einen kleinen Eindruck hatten wir ja bekommen. Beim nächsten Mal ist hoffentlich etwas weniger los.

Auf dem Rückweg blickte unsere Hundedame so gut wie gar nicht mehr nach rechts und links. Jetzt nur noch nach Hause ... und ins Bett! Die kleine Maus war fix und fertig.

Umgezogen und frisch gemacht, hatten wir uns das Abendessen jetzt aber wirklich redlich verdient. Wir waren die einzigen an Bord, die den weiten Weg heute auf sich genommen hatten. Aber es war schön - und hat sich gelohnt.

Bei Sonnenuntergang das letzte Geschäft erledigt, machten wir es uns wieder in der Lounge bequem und ließen den Abend gemütlich ausklingen.

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