10. Tag (Dienstag):
Chania / Kreta, oder: "Zwischen Wind und Wellen!"


Neben Bodrum war Chania (Souda) der zweite neu hinzu gekommene Hafen nach der Routenänderung aufgrund des Wegfalls von Istanbul.

Obwohl wir 2007 schon einmal eine Urlaubswoche auf Kreta verbracht hatten, war deren zweitgrößte Stadt neu für uns. Damals hatten wir uns auf den östlichen Teil der Insel beschränkt, wurden allerdings in vielen Teilen eher enttäuscht. Umso gespannter war ich, was uns heute erwarten würde.

Das schöne Wetter ließ uns leider etwas im Stich. Der Himmel war bewölkt und es wehte ein kräftiger Wind. Ganz ungewohnt, mal wieder mit Jacke von Bord zu gehen.

Schon am frühen Morgen hatte die Celebrity Reflection am Hafen von Souda angelegt, etwa 6 Kilometer von Chanias Zentrum entfernt. Nach dem Frühstück machten wir uns gegen 10 Uhr auch wieder auf den Weg und nutzten den von lokalen Anbietern bereit gestellten Bus-Shuttle zu 1,70 € pro Person pro Strecke (Stand: Oktober 2016). Günstiger kommt man nicht in die Stadt.

Bild Statt der eigentlichen nur 10 bis 15 Minuten Fahrzeit waren wir aufgrund Stau tatsächlich über eine halbe Stunde unterwegs, als wir schließlich an der Markthalle von Chania ausstiegen.

Die Agora enstand zwischen 1911 und 1913 nach dem Vorbild der Markthalle von Marseille. Dieser Markt ist heute nicht nur der bekannteste auf Kreta, sondern angeblich auch der bedeutendste in ganz Griechenland. Hier gibt es aber auch wirklich alles. Obwohl zwischenzeitlich deutlich touristischer, gibt es immer noch traditionelle und authentische Waren und nach wie vor kaufen die Einheimischen hier ihre Lebensmittel ein. Ob Fisch, Fleisch, Gemüse oder Obst ... die Waren sind frisch und gehen im Sekundentakt über die Ladentheke. Besonders Käse und Olivenöl werden hier in Mengen angeboten.

Bild Auch viele kretische Spezialitäten entdecken wir während unseres Rundgangs, der begleitet wurde von den unterschiedlichsten Gerüchen und Düften, die ich so mag.

Von den Kräuterläden waren wir besonders angetan und kauften fleißig ein. Bei den Preisen musste man auch nicht lange überlegen. Es war eher das Platzproblem im Koffer, das uns von größeren Käufen abhielt.

Unglaublich überrascht war ich von der Freundlichkeit und Dankbarkeit der Griechen. Wir hatten gerade mal für ein paar Euro eingekauft und die Dame strahlte übers ganze Gesicht, bedankte sich gleich mehrmals dafür, so als hätte sie das Geschäft ihres Lebens gemacht. Auch das war uns neu. Hierzulande bekommt man gerade mal ein müdes Lächeln.

Über die Mosouron und Dorotheau Episk. erreichten wir schöne kleine Gassen, an dessen Ende die griechisch-orthodoxe Hauptkirche von Chania, die "Kathedrale der drei Märtyrer" steht. 1860 schwer zerstört, wurde sie mit finanzieller Hilfe des Zaren Nikolaus II im Jahre 1897 wieder aufgebaut. Im Inneren findet man zahlreiche große Wandmalereien verschiedener Künstler. Der davor liegende Platz Platia Athinagora ist von Palmen und Statuen gesäumt und bietet mit den Bänken viel Platz, um sich zu erholen.

Bild Weiter ging es die Eisodion und zum Platz "Elefterios Venizelos", am Ende der Odos Chalidon. Einst stand hier ein Marmorbrunnen mit Löwenköpfen, heute ist nur noch ein einfacher Brunnen zu sehen. Das Original befindet sich im Ärchäologischen Museum.

Ein paar Schritte weiter standen wir dann auch schon direkt am Venezianischen Hafen, umgeben von unzähligen Restaurants und Cafés. Die Häuserfassaden mit ihren kleinen Balkonen und den süßen Klappläden sind hauptsächlich in Beige, Terracotta, Hellbraun und Hellgelb gehalten und vermitteln einem tatsächlich das Gefühl, in Venedig zu sein.

Bild Durch den starken Wind knallten die Wellen lautstark an die Kaimauer und platschten meterweise über die Promenade. Die Leute liefen kreischend davon, andere machten sich einen Spaß daraus, besonders witzige Selfies zu schießen. Auch Toni hatte die Stärke der Wellen ein klein wenig unterschätzt. Huch, gerade noch einmal Glück gehabt.

Der Bereich um den Venezianischen Hafen wurde im 16. Jahrhundert von den Venezianern erbaut. Von den ursprünglich 17 Arsenalen (Schiffswerften) sind nur noch 7 erhalten geblieben. Dort wurden die Schiffe repariert, durch die Bogengänge waren alle Arsenale miteinander verbunden. Leider wirkte dieser Bereich ziemlich herunter gekommen auf mich. Da könnte man definitiv mehr daraus machen.

Die direkt am Hafenbecken stehende Hasan-Pascha-Moschee wurde im Jahre 1645 von einem armenischen Architekten erbaut und ist die erste auf Kreta erbaute Moschee. Bis 1923 diente sie als Gebetsstätte, anschließend wurde sie u. a. als Lagerplatz, Touristeninformationsbüro und Museum genutzt. Heute findet man hier Wechselausstellungen.

Gleich dahinter starten Kutschenfahrten durch Chania, die so interessant allerdings nicht sein können. Nach knapp zwanzig Minuten waren die gleichen Personen wieder am Startpunkt angekommen.

Gleich neben dem Venezianischen Hafen beginnt der Yacht- und Fischereihafen. Beide Hafenbereiche werden von der knapp 800 Meter langen Hafenmauer geschützt, an deren Spitze sich der 21 Meter hohe Leuchtturm Faro bfindet, das Wahrzeichen der Stadt. Stark einem Minarett ähnelnd, wurde er zwischen 1821 und 1841 während der ägyptischen Herrschaft auf den Fundamenten eines venezianischen Entwurfs errichtet.

Bild Der Anblick der Wellen, die meterhoch an den Leuchtturm schlugen, war beeindruckend. Das wollten wir uns genauer ansehen und spazierten direkt zur Hafenmauer. Gleich zwei Wege führen zum Leuchtturm; wir wählten den kleineren und etwas kniffligeren. Eine dumme Idee. Schnell packte ich meine Kamera ein. Ich hatte ganz schön damit zu kämpfen, nicht zu stolpern. Die Gischt ließ den unebenen Steinboden glitschig werden, der Wind pfiff uns um die Ohren. Dennoch hat es sich gelohnt, denn der Blick auf das tosende Meer hinter der Hafenmauer war atemberaubend. Unglaublich, welchen Kräften die Hafenmauer hier standhalten muss, wie furchterregend die Wassermassen auf mich wirkten.

Je näher wir dem Leuchtturm kamen, desto stürmischer und nässer wurde es und so beschlossen wir, an der Festung in der Mitte des Weges wieder umzudrehen.

Wieder zurück an den ehemaligen Schiffswerften trafen wir durch Zufall auf bekannte Gesichter und gemeinsam spazierten wir zurück zum Platz Elefterios Venizelos. Inzwischen war hier die Hölle los. Menschenmassen, wohin man sah. Ja, wo kommen die denn plötzlich her? Das war nichts für uns, schnell weg, ab in die nächste Seitengasse.

Bild Und dann entdeckten wir es: Eines der niedlichsten Cafés, das ich jemals gesehen habe, die 'Pasteleria Da Dana'in der Eisodion Gasse. Entlang der Hausmauer stehen hübsche Tische und Stühle, die fast schon wie aus einem Puppenhaus wirken. Erst später entdeckten wir, dass sich das Café auf zwei Räumlichkeiten verteilt: Der Hauptbereich mit der Küche und Theke plus einem weiteren Raum auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Alle Tische und Stühle sind hier einzigartig, bunt zusammengewürfelt vom Trödelmarkt. Kitschiger Nippes rund herum, Tassen und Gläser aus Omas Zeiten - und genau deshalb so richtig gemütlich.

Zur Begrüßung erhielten wir eine große Wasserkaraffe, dazu bestellten wir Cappuccino und wählten Desserts von der Auslage. Die Entscheidung war schwer zu treffen, jedes einzelne Törtchen sah einfach wunderbar aus, mit viel Liebe zubereitet. Eine süße Sünde zwischendurch musste einfach sein, also gab es für mich natürlich wieder ein kleines Schokoladentörtchen.

Mit welcher Bescheidenheit der Ladeninhaber das Café führt, zeigte sich, als es ans Bezahlen ging. Selbstverständlich legte ich etwas Trinkgeld drauf. Anstatt es einfach anzunehmen, wies er mich darauf hin, dass ich "viel zu viel" bezahlt hätte und zeigte mir auf dem Taschenrechner den zu zahlenden Betrag. Ich teilte ihm mit, dass das schon seine Richtigkeit hätte, schließlich sei ich ganz begeistert von seinem Café. Er faltete die Hände zusammen und bedankte sich mehrmals. Eine Szene, die mich zum Nachdenken anregte und leider auch zeigte, wie schlecht es den Griechen finanziell noch immer gehen muss.

Weiter ging es von hier aus schließlich über zahlreiche Gassen zu den Überresten der Byzantinischen Mauer, die einst um das Kastelli erbaut wurde. Gleich daneben entdeckten wir das weniger schöne Chania: Völlig herunter gekommene Häuser, einsturzgefährdet und alles andere als ein Blickfang.

Bild Im Stadtteil Splantzia stießen wir auf die Kirche Agios Nikolaos, eine von den Dominikanern im 14. Jahrhundert gegründete Klosterkirche. Die Einzigartigkeit der Kirche liegt darin, dass sie sowohl über einen Glockenturm als auch ein Minarett verfügt. Nachdem die Türken die turmlose Kirche übernommen und in eine Moschee umgewandelt hatten, fügten sie das Minarett hinzu. Nach der Rückwandlung in eine christliche Kirche wurde der Glockenturm ergänzt. Ein eigenartiges und trotzdem Beispiel gebendes Bild.

Von hier aus spazierten wir langsam wieder zurück zur Markthalle und warteten auf den Shuttlebus zurück zum Schiff, der nach wenigen Minuten auch schon vorgefahren kam. Der Rückweg verging schneller als gedacht und gegen 15 Uhr "enterten" wir wieder die Celebrity Reflection.

Ohne Sunset, dafür mit Jacke und Schal, machten wir es uns in der Sunset Bar bequem, das Auslaufen aus Souda beobachten wir schließlich vom Oceanview Café aus. Jetzt erst einmal eine kleine Pause. Wir waren müde und verzogen uns auf ein Nickerchen in die Kabine.

Was wäre eine Kreuzfahrt ohne Seegang? Nicht nur in Chania schlugen die Wellen hoch. Auch auf unserem Weg Richtung Italien bekamen wir sie kräftig zu spüren.

Bild Schon bei Fertigmachen für das Abendessen merkte ich ein gewisses Unwohlsein. Ein paar Minuten später beschloss ich, das Essen heute besser ausfallen zu lassen. Na wunderbar. Das hatte ich schon lange nicht mehr. Toni versorgte mich mit Tabletten von der Rezeption. Zumindest war ich nicht die einzigste. Grinsend berichtete er mir von der Männerschar im Aufzug; alle mit Tabletten für ihre Ehefrauen in der Hand.

Jetzt erst einmal schlafen, in der Hoffnung, pünktlich zur Abendshow wieder fit zu sein. Doch zu früh gefreut, so schnell schlug die Tablette dann eben doch nicht an. Jetzt wurde ich langsam zickig. Kann doch nicht sein, dass ich den Abend heute auf der Kabine verbringe! Nein, nein, reiß dich zusammen, liebe Manuela. Und tatsächlich ... nach und nach wurde der Wellengang leichter und ich fühlte mich wieder besser. Also angezogen, frisch gemacht, und zumindest noch ein bisschen was von der Abendshow mitbekommen.

Was für eine Stimmung! Zu Gast waren heute "Tenors of Rock", eine Rockband aus dem Vereinten Königreich, einst Teilnehmer von "The Voice" U.K. Sie gelten als die wohl besten Rockstimmen des Landes und begeisterten die Leute nicht nur mit ihrem Gesang, sondern vielmehr wohl auch mit ihrem Aussehen. ;-) Obwohl ihre Stimmen wirklich gut waren, fand ich es trotzdem sehr schade, dass die Musik nur vom Band kam und sie selbst keine Instrumente spielten. Denn genau das gehört für mich eigentlich zu einer richtigen Rockband dazu.

Am Ende der Show hatte man noch die Gelegenheit, Fotos mit ihnen zu machen und CD's zu kaufen, was stark genutzt wurde. Auch wenn wir sie bis dato nicht kannten: In U.K. und in den USA scheinen sie sehr bekannt zu sein, nicht zuletzt auch durch ihre Konzerte in Las Vegas.

Den restlichen Abend verbrachten wir traditionsgemäß in der Sky Lounge. Mit genügend Mojito war meine Seekrankheit schließlich wie verflogen.

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Fotoalbum Chania


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