Marseille

~ Aufenthalt am 30. Dezember 2012 ~



Während unserer Silvester-Kreuzfahrt mit der Costa Pacifica zum Jahreswechsel 2012/2013 (für den kompletten Reisebericht bitte hier klicken) besuchten wir die Hafenstadt Marseille.

Es war unser erster Besuch und die Stadt hat mir ausgesprochen gut gefallen. Wir sind kreuz und quer marschiert und haben eine ganze Menge gesehen.

Die Fahrt vom Kreuzfahrthafen in die Stadt dauerte eine gute halbe Stunde, rausgelassen wurden wir schließlich am Quai du Port, dem Alten Hafen Vieux Port.

Marseille kannten wir beide noch nicht, von daher waren wir sehr gespannt auf diese Stadt. Viel vorbereitet hatte ich mich dieses Mal nicht. Erst vor zwei Tagen hatte ich mir noch einen Reiseführer besorgt, diesen aber auch nur kurz überflogen. Er sollte heute nur als Leitfaden dienen, ansonsten würden wir uns einfach treiben lassen.

Erfreulicherweise strahlte auch heute wieder die Sonne vom wolkenlosen blauen Himmel; entgegen der Vorhersagen des Wetterberichts, der uns eigentlich Regen prognostiziert hatte. Juhuuu!

Bild Marseille ist nach Paris die zweitgrößte Stadt Frankreichs und liegt am Golfe du Lion in einer Mittelmeerbucht. Eine Stadt, zwischen Hügeln und Meer liegend, von Jahreszeiten geprägt. Vor 2.600 Jahren gegründet, ist sie die älteste Stadt des Landes und wartet auf mit lebendiger Kultur, interessanten Sehenswürdigkeiten und ganz viel Flair. Leider hat Marseille keinen besonders guten Ruf, ist sie doch die Hochburg nationalen und internationalen Verbrechens. Korruption und Arbeitslosigkeit prägen den Alltag. Doch das bekommt man als Tourist (vor allem als Tagestourist) in keinster Weise mit. Interessant ist, dass nahezu jeder dritte Einwohner Marseilles nicht im Land selbst geboren, sondern zugewandert ist. Eine multikulturelle Stadt also. 2013 ist sie zudem europäische Kulturhauptstadt und hofft, damit endlich in positiveres Licht zu rücken.

Wir schlenderten den Quai du Portentlang und erreichten nach kurzer Zeit das Hôtel de Ville, das Rathaus im Genueser Barock zwischen 1656 und 1673 erbaut. Links und rechts davon ragen große Wohnblöcke aus den 50er Jahren in die Höhe und lassen das Rathaus ein wenig verloren wirken.

Trotz des Sonntages war hier heute eine ganze Menge los, neben den Touristen waren viele Marseillas unterwegs, die Cafés waren bis auf den letzten Platz besetzt. Jeder genoss den vorletzten Tag des Jahres. Mit so viel Trubel hatten wir hier gar nicht gerechnet, freuten uns jedoch sehr darüber. Eine lebendige Stadt!

Am Ende der Straße entdeckten wir die Kirche St.-Ferréol, eine Klosterkirche seit 1369. Im Zuge der immensen Umbauarbeiten des alten Marseille mussten nicht nur die Gassen hinter dem Quai du Port weichen, sondern auch Teile dieser Kirche; es wurde um einige Querschiffe verkürzt.

Bild Interessant ist zudem, dass viele Straßen in Marseille regelmäßig ihre Namen wechselten. Der jetzige Quai du Port zum Beispiel hieß ursprünglich Quai Rousseau, anschließend (mit Kaiser Napoleon an der Macht) Quai Impérial, später Quai de la Fratermité und schließlich Quai du Port. Man passte sich also stets den Gegebenheiten an …

Am Quai de Belges trafen wir auf einige Fischer, die auf dem Marché aux Poissons ihre Ware feilboten. Um diese Zeit (es war inzwischen 11 Uhr) waren nur noch die Reste zu erwerben, manche hatten tatsächlich nur noch einen Fisch auf dem Tablett. ;-) Aber gegangen wird wohl erst, wenn alles verkauft ist. In den frühen Morgenstunden herrscht hier tagtäglich reges Treiben, denn die Marseillas lieben frischen Fisch. Eine Spezialität der Stadt sind zwischen September und April die sog. "oursins", Seeigel.

Von hier aus hatten wir auch einen schönen Blick über den Vieux Port. Schaukelnde Yachten und zwei Forts, blaues Wasser. Einfach schön.

Wir gingen weiter über die Rue Breteuil ins Restaurantviertel der Stadt. Zwischen der Place aux Huiles und dem Court d'Estienne d'Orves ist die größte Bardichte der Stadt zu finden, tagsüber natürlich längst nicht so einladend wie bei Nacht.

Nach einiger Zeit standen wir vor einem großen Gebäude, dem "Préfecture", das Polizeipräsidium der Stadt. Whow, das nenne ich mal ein Verwaltungsgebäude!

Bild Von hier aus schlenderten wir weiter, querfeldein durch verschiedene Gassen und Straßen. So manches Mal kamen wir in Gegenden, die ich nun nicht so angenehm fand, ziemlich dunkel und herunter gekommen. Eigentlich wollte ich in Richtung der La Plaine, zur Wiege des französischen Rap, welche sich auf einem Hochplateau südlich der Altstadt befindet. Wir erreichten dieses Viertel dann auch, allerdings war hier nichts los, kaum Menschen unterwegs, also spazierten wir weiter in Richtung der Marché de Capucins. Hier treffen Afrika und die Provence aufeiander, außerdem findet man zahlreiche arabische Stadtviertel. Man fühlt sich wie in einem anderen Land, wenn man hier durch die Gassen streift. In einer kamen uns tatsächlich nur Araber entgegen, die Geschäfte zeigten nur arabische Kleidung und auch die Musik und der Duft waren arabisch … Einmal die Augen zu und wieder auf und man hätte denken können, man wäre nun im alten Dubai.

Einige Schritte weiter erreichten wir schließlich den Prachtboulevard La Canebière. Er wurde 1666 im Rahmen einer Stadterweiterung angelegt und bekam den Namen von den einst hier ansässigen Seilmanufakturen. 1928 wurde dieser Boulevard in seiner heutigen Form vollendet und umfasst wuchtige Fassaden ehemaliger Luxushotels, Firmen und Banken, manche von ihnen stehen unter Denkmalschutz. Zu finden sind hier ein paar Modeläden sowie Fast-Food-Ketten und Restaurants.

Wir liefen den Boulevard entlang und entdeckten schließlich den größten (und angeblich berühmten) Weihnachtsmarkt von Marseille auf der ehemaligen Allées de Meilhan. Auch nach Weihnachten war hier noch einiges los, die Stände boten allerlei Weihnachtsartikel, zudem gab es aufgrund der Größe des Marktes sogar einen eigenen Plan, wo sich welche Stände befinden. Wir sahen uns hier ein wenig um, daneben gab es ein kleines Riesenrad sowie ein Karussell und es war wie auf einem Jahrmarkt. Die Kinder quietschten vergnügt, die Eltern gönnten sich einen Glühwein und jeder war zufrieden.

Wir entschieden uns, eine kurze Sightseeingpause einzulegen und suchten uns ein Café am Quai du Port. In der Bar de la Samaritaine ergatterten wir einen der letzten Tische in der prallen Sonne, eng, aber typisch französisch. Ein Bistro-Tisch, zwei Stühle, links und rechts Kuscheln mit den weiteren Gästen. ;-) Wir bestellten Cappucchino und sahen dem Treiben zu. Ach, war das schön. Wir genossen es in vollen Zügen, ich fühlte mich richtig wohl hier.

Fast eine Stunde saßen wir hier, wir hatten ja alle Zeit der Welt und das Beobachten der Marseillas war einfach zu interessant. :-) Das waren dann auch fast die rund 12 € wert, die wir für die beiden Tassen Kaffee bezahlen mussten … Puh, ganz schön teuer.

Bild Wir spazierten wieder zurück zum Boulevard La Canebière und schlenderten zu allererst in das Kaufhaus La Fayette. Schon vorhin hatten wir gesehen, dass es geöffnet hatte und so wollten wir einen kurzen Abstecher dorthin machen. Lange hielten wir uns jedoch nicht auf, besondere Sachen gab es nicht.

Nun schlenderten wir in aller Gemütlichkeit zum Square Stalingrad, auf welchem ebenfalls eine kleine Kirmes zu finden war. Scheinbar stehen die Franzosen auf Losbuden und Fahrgeschäfte.

An seinem Ende konnten wir die St. Vincent de Paul-Kirche sehen, ein fantastischer Bau, wie fast alle Kirchen in dieser Stadt.

Von hier aus spazierten wir über die Allée la Gambetta und den Boulevard d'Athènes hoch zum Hauptbahnhof St. Charles. Eine riesige, imposante, Treppe führt hinauf zu diesem einzigartigen Gebäude, welches wir aber erst oben angekommen als Hauptbahnhof erkannten. Von hier oben hat man einen schönen Blick über einen Teil der Stadt. Wir sahen uns auch das Innere des Bahnhofs genauer an, sehr schön und einladend.

Nun ging es die Charles Nédélec entlang, wir bogen ab in verschiedene Seitenstraßen und sahen schließlich den Arc de Triomph, den Triumphbogen Marseilles. Wir erreichten langsam den Altstadtteil Marseilles, das Le Panier, Schauplatz von Krimis und Seifenopern. Bekannt ist das Viertel vor allem für Franzosen und Liebhaber der Serie "Plus belle la vie", denn im netten, beschaulichen Café Mistral spielt der Großteil dieser Serie. Ein Café, das damit - zumindest erst einmal - ausgesorgt hat, zieht es doch immer wieder seine Fans dorthin.

Bild Uns sagt die Serie nichts, von daher war mir das Café an sich auch egal, doch das Viertel selbst hat mir ausgesprochen gut gefallen. Wir erreichten das Jesuitenkollegium Le Préau des Acooulés an der Place Daviel und stiegen die steilen Treppen hoch zur Rue du Poirier. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, man fühlt sich sofort versetzt in die Provence des Mittelalters. Ein fantastisches Bild.

Wir erreichten den Place de Moulins, wo rein gar nichts los war, strickende Hausfrauen saßen vor ihren Häusern und eine angenehme Ruhe war zu spüren. An den Häusern hingen Blumentöpfe, eine Schule steht mittendrin und ein Stumpf erinnert an die Bestimmung des Platzes. Früher standen ein Dutzend Mühlen auf dem höchsten Punkt des Panier. Mühlensteine dienen heute als Tische auf dem Platz. Alljährlich findet hier die Fête du Panier statt, immer am 20. Juni mit Konzerten und Tanz.

Direkt dahinter erstreckt sich die Rue de Panier, eine Straße mit alten Ladenschildern, verweisten Läden und zerfallenen Gebäuden und doch mit einem ganz eigenen Charme. Von hier aus ging es weiter zur Place des Treize Cantons, einem Platz mit nettem Café. Schließlich liefen wir die Rue Sainte-Francoise entlang, übergehend in die Montée des Accoulés, mit einem doppelläufigen Eisengeländer, das herrlich in der Sonne glitzerte. Ein tolles Viertel, das mich ziemlich beeindruckt hat.

Von hier aus liefen wir weiter durch ein paar Gassen und standen schließlich vor einer der schönsten Kirchen, die ich bisher gesehen habe, der Kathedrale Notre-Dame de la Major. Ein für mich absolut beeindruckendes Gebäude, ein wuchtiger Bau, bei dem alles stimmt. Furchteinflößend und einladend zugleich.

Napoleon legte im September 1852 den Grundstein zur "neuen" Kathedrale Note Drame de la Major. Denn vorher stand die "alte" hier, die jedoch nach und nach abgerissen wurde und deren Zubauten, wie eine Kapelle, wieder zugeschüttet wurden. Im Mai 1896 wurde die Kathedrale eingeweiht. Sie ist im romanisch-byzantinisichen Stil erbaut, 146 m lang und die 70 m hohe Hauptkuppel hat einen Durchmesser von 18 m. Vor der Kathedrale steht eine Statue des Monseigneur de Belsunce, dem Bischof von Marseille in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts. Das Innere dieser Kirche konnten wir leider nicht besichtigen, da sie geschlossen hatte. Schade, sehr schade. Doch im Außenbereich hielten wir uns lange auf. Von hier aus hatten wir auch einen schönen Blick aufs Meer, konnten von hier aus ganz klein den Hafen und unser Schiff erkennen.

Wir spazierten wieder in Richtung Vieux Port und kamen an der Kirche Saint Laurent vorbei, im romanisch-provenzialischen Stil aus dem 13. Jahrhundert. Sie diente als Pfarrkirche für die Fischer und Seefahrer und ist die einzigste Gemeindekirche aus dem Mittelalter, die in Marseille erhalten geblieben ist. Wie die meisten Gebäude in der Stadt, wurde auch diese Kirche erst kürzlich renoviert, weshalb sie in neuem Glanz erstrahlt und aussieht, als wäre sie gerade mal ein, zwei Jahre alt.

Bild Über ein paar Treppen gelangten wir schließlich wieder zum Quai du Port. Es war nun schon 16 Uhr, es wurde Zeit für die Rückkehr zum Schiff, unsere Füße schmerzten langsam. Von Marseille hatten wir eine ganze Menge gesehen. Sicherlich nicht alles, dafür ist die Stadt zu groß, zum Beispiel fehlte uns der Abstecher zur Notre Dame de la Garde, die auf einem 162 m hohen Hügel erbaut ist und als das Wahrzeichen der Stadt gilt. Aber schließlich mussten wir uns ja noch etwas aufheben für den Fall, dass wir hier noch einmal auf einer weiteren Kreuzfahrt Halt machen würden. Ich jedenfalls würde mich freuen, denn Marseille hat uns tatsächlich gut gefallen. Anfangs war ich noch nicht so begeistert, ich musste mich dieser Stadt erst Schritt für Schritt nähern. Leider ist sie extrem dreckig, überall liegt Müll herum, aus manchen Gassen stinkt es, zudem war der Quai du Port voll von Baustellen; letzte Arbeiten, um als Kulturhaupstadt 2013 glänzen zu können. Doch je mehr ich von der Stadt sah, desto besser gefiel sie mir. Sie bietet zahlreiche Sehenswürdigkeiten, hat unheimlich viel Charme, sehr viele verschiedene Stadtteile und ist ein Ort, an dem man sich stundenlang aufhalten kann und wo es einem nicht langweilig wird. Unsicher habe ich mich zu keiner Zeit gefühlt. Gut, wenn die Stadt tatsächlich so kriminell ist, wie immer gesagt wird, will ich nachts nicht unbedingt allein hier umher streifen. Doch das will ich in vielen anderen Städten ja auch nicht … Positiv aufgefallen ist uns die Freundlichkeit der Franzosen hier. Das haben wir in Paris anders erlebt.

Mit dem Shuttlebus ging es schließlich wieder zurück zum Hafen und wir gingen an Bord.

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Fotoalbum Marseille