5. Tag: Cádiz - Sightseeing und kulinarische Genüsse in der ältesten Stadt Europas


Gegen 1 Uhr nachts fuhren wir in die Straße von Gibraltar ein und am bekannten 426 m hohen Gibraltar-Felsen vorbei. Gesehen haben wir natürlich nichts. Schade, denn das wäre mit Sicherheit ein toller Anblick gewesen.

Sechs Stunden später kam der Lotse an Bord und wir liefen in den Hafen von Cádiz ein. Heute hatte ich das irgendwie komplett verschlafen. Als ich aus dem Fenster blickte, war das Schiff bereits eingeparkt und ich konnte die Kathedrale von Cádiz erkennen. Hinter uns stand ein weiteres Schiff, die Oceana von P&O Cruises.

Bild Wir verspeisten in Windeseile unser Frühstück und machten uns kurze Zeit später auf den Weg. Andreas und Maritha warteten bereits auf uns; die Stadtbesichtigung konnte losgehen.

Cádiz kannten wir bereits von unserer Hochzeitsreise durch Andalusien im Sommer 2004. Ich war gespannt, wie die Stadt heute auf mich wirken würde und stellte schnell fest, dass ich wohl doch mehr vergessen hatte als gedacht. Zumindest kam mir vieles neu und unbekannt vor.

Heute verzichteten wir auf den CitySightseeing-Bus. Wir hatten die Fahrt damals schon mal gemacht und doch nur wenig Interessantes dabei entdeckt. Die schönsten und sehenswertesten Ecken der Stadt befinden sich in der Altstadt, durch die kein Bus hindurch passt. Und die Außenbezirke interessierten uns heute eher weniger. (Für Interessierte: Preis des Tickets für den Bus 15,- € pro Person, Stand: Mai 2010).

"Señorita del Mar" oder "Novia del aire"; "Fräulein des Meeres" oder "Geliebte des Windes", wird die wundervolle Stadt Cádiz gerne bezeichnet. Sie befindet sich auf einer 9 km langen Landzunge im Atlantik und eine frische und stets salzige Atlantikbrise weht durch die Gassen der Stadt. Eine Stadt, welche angeblich die älteste Europas sein soll!

Ein Großteil der Altstadt stammt aus dem 17. und 18. Jahrhundert, viele Gebäude sind baufällig, was man aber gerne zu vertuschen versucht. Oft wird die Stadt als langweilig und uninteressant bezeichnet. Wir können diese Meinung definitiv nicht teilen. Obwohl wir anfangs zwar auch gedacht hatten, dass wir hier vermutlich ziemlich schnell alles gesehen hätten, blieben wir doch den gesamten Tag über in der Stadt ... die Zeit verging viel zu schnell.

Kaum aus dem Hafengelände draußen, erreichten wir auch schon die Plaza de España mit einem imposanten Monument. Ein paar Fotos gemacht, marschierten wir weiter zur Plaza San Francisco und von hier entlang weiterer niedlicher Gassen in Richtung Torre Tavira. Andreas und Maritha hatten diesen Tipp am Schiff aufgeschnappt, denn von hier aus sollte man einen herrlichen Ausblick über die Stadt genießen können. Da Toni und ich 2004 bereits auf der Kathedrale oben waren, mussten wir dort heute nicht mehr hoch und freuten uns über etwas Neues, denn diesen Turm (übrigens der höchste der Stadt) kannten wir tatsächlich noch nicht.

Bild Während wir die Tickets für 4,- € pro Person (Stand: Mai 2010) kauften, wurden wir darüber informiert, dass in wenigen Minuten eine besondere Vorstellung stattfinden würde. "Camera Obscura" nennt sich diese und dauert ungefähr 15 Minuten. In dieser "Kamera" werden Szenen, die sich im gleichen Moment draußen abspielen, im Inneren auf eine Leinwand projiziert. Die Zuschauer bekommen somit den Eindruck, als ob sie sich im Inneren einer riesigen Filmkamera befinden würden, nur werden die von der Linse registrierten Ereignisse nicht auf einen Film projiziert, sondern eben auf die Leinwand.

Es befindet sich hier lediglich eine kleine Öffnung, durch die das Tageslicht in einen komplett abgedunkelten Raum und auf eine weiße Leinwand fällt, außerdem ein Spiegel und eine Vergrößerungslinse. Schon zu Leonardo da Vincis Zeiten wurde diese Methode gerne genutzt.

Wir hatten so etwas vorher noch nie gesehen und waren richtig begeistert. Anfangs konnte ich mir das noch nicht so recht vorstellen, aber als die junge Dame mit ihrer Vorführung begann, sah man in der Tat Cádiz auf dieser Leinwand und konnte den Frauen z. B. beim Wäsche aufhängen zusehen, die Autos entlang der Straßen rauschen oder auch einfach nur die Katzen auf den Häuserdächern liegen sehen.

Genau genommen könnte man das ganze auch als Überwachungssystem nutzen. ;-) In Deutschland wäre diese Methode mit Sicherheit verboten, selbst für touristische Zwecke wie hier. Wir jedoch fanden es absolut interessant, denn die Gebäude und Personen konnten ziemlich nahe herangezoomt werden und wir erfuhren in Kurzform sehr viel Wissenswertes über die einzelnen Gebäude der Stadt. So eine detailgetreue Stadtbesichtigung bekommt man in der Tat selten.

Wir mussten lachen, als uns die Dame berichtete, wann denn das Fahrrad an einem bestimmten Haus immer vor der Tür stünde und wann der Nachbar außer Haus zu sein scheint oder wie es sich mit dem Hund verhält, der hier zu gewissen Zeiten schläft oder eben nicht. Ja, sie hat diese Vorführung in der Tat schon einige Male gemacht, aber nach wie vor auch sichtbar viel Spaß daran.

Als dieser etwas andere Stadtrundgang schließlich beendet war, waren wir alle total fasziniert davon. Das war ja mal eine tolle Sache und auch mal was ganz anderes, als man sonst immer zu sehen bekommt. Absolut empfehlenswert; sollte man wirklich mitnehmen, wenn man in der Stadt unterwegs ist (steht auch selten in einem Reiseführer).

Nun gingen wir noch einmal auf die höchste Plattform hinauf, auf die wir vorher schon kurz geschaut hatten. Der Ausblick von hier oben über die Dächer der Stadt ist wirklich grandios. Natürlich noch viel klarer und intensiver als auf der Leinwand; und mit dem Bericht von vorhin konnten wir den Gebäuden nun auch Namen zuordnen.

Bild Die vielen Treppenstufen wieder nach unten gestiegen, spazierten wir nun ganz gemütlich zum Mercado Central, dem Marktgelände Cádiz'. An ausländischen Märkten kommen wir alle Vier nicht so ohne weiteres vorbei und so stand fest, dass wir uns diesen auch ansehen mussten. Schon kurz nach Betreten gingen uns die Augen über. Wahnsinn! So viele Stände und so viel leckeres Essen. Wir wussten gar nicht, wohin wir als erstes schauen sollten.

Wir spazierten ganz systematisch eine Seite ab, als Maritha schließlich bei einem Metzger einen Speck sah, den sie woanders schon mal gegessen hatte und den sie hier gerne nochmals probieren wollte. Gesagt, getan; ich fragte den netten Herrn einfach mal, ob wir ein klitzekleines Stückchen vielleicht mal testen dürften. Nach kurzem Hin und Her (das andalusische Spanisch ist wirklich nicht einfach, warum müssen sie manche Buchstaben auch ständig verschlucken?) wusste er, was ich wollte. Er jedoch meinte die ganze Zeit, ob wir nicht vielleicht ein Baguette dazu wollten, denn so wäre es ziemlich trocken und öde. Wegen einem kleinen Stückchen ein Baguette? Nein, das geht schon so ... Er lachte, nahm die größte Speckschwarte hervor und fing an zu schneiden. Aus einem riesigen Stück schnitt er das Beste, die Mitte, für uns zusammen. Wir waren uns nicht sicher, ob er uns wirklich richtig verstanden hatte, wir wollten doch kein ganzes Stück, sondern nur ein kleines Scheibchen ... Ich erklärte ihm nochmals unser Anliegen, aber er meinte: Ja ja, ich habe schon verstanden. Schließlich merkten wir, dass er nicht nur ein Scheibchen für jeden abschnitt, sondern mehrere Scheibchen. Okay, Toni drehte sich um und holte ein Baguette, denn so viel sollte man dann doch mit Brot verspeisen. ;-) Wir standen da und staunten. Der Spanier gab sich so unendlich viel Mühe, grinste, lachte, und freute sich, dass er uns jetzt seinen Bestand präsentieren durfte. Er nahm das Baguette entgegen, schnitt es auf und reichte uns vier kleine Brötchen. Mmmhhh, war das lecker! Als er merkte, dass es uns schmeckte, fing er plötzlich an, das gesamte Baguette zu belegen. Und er sparte wahrlich nicht am Speck; der wurde kräftig aufgeschichtet. Wir mussten lachen; das alles sollten wir essen? Er schnitt es uns schließlich sogar noch in vier Teile, verpackte jedes einzelne und reichte es uns. Wahnsinn, so viel Mühe! Als wir schließlich die Geldbörse zückten und bezahlen wollten, winkte er ab. Nein, nein, er wolle dafür kein Geld, das wäre schon ok so. Wir waren echt sprachlos! Was für eine nette Geste! Da hatte er extra wegen uns sein bestes Speckstück aufgeschnitten und dann noch geschenkt. Toll!

Hoch erfreut marschierten wir schließlich weiter über den Markt und in die Fischhalle hinein. Das war ja ein Augenschmaus! So viele Fische und so viele uns unbekannte. Was es hier nicht alles zu sehen gab! Da lief einem wirklich das Wasser im Mund zusammen. Würden wir hier wohnen, wären wir sicherlich jeden Tag auf dem Markt, um frische Ware einzukaufen.

Hier verweilten wir ziemlich lange, als wir schließlich ein wenig Durst bekamen und uns außerhalb des Marktgeländes ein Café suchten. Heute hatten wir wirklich Glück mit dem Wetter; wir spazierten in T-Shirts umehr und genossen die warmen Sonnenstrahlen; Cádiz sollte der wärmste und schönste Tag unserer Reise bleiben.


Bild Später trennten sich schließlich für kurze Zeit unsere und Andreas' und Marithas Wege. Die beiden wollten zum Strand, wir wollten gerne ein wenig durch die Altstadtgassen bummeln und vielleicht sogar ein wenig Shoppen gehen.

Wir spazierten durch die engen Gassen, die schöner nicht sein könnten. Herrliche Häuserfassaden, tolle Türknaufe, Tausende von Blumenkübeln an den Balkonen; einfach wunderschön.

Lange mussten wir nicht gehen, dann kamen wir auch schon an der Plaza de la Catedral an. Dieser Platz war mir noch in guter Erinnerung, so als wäre ich erst gestern hier gewesen. Auf der einen Seite befindet sich die bekannte Kathedrale von Cádiz, auf der anderen Seite die Kirche Iglesia de Santiago.

Dieser Platz ist wirklich toll. Großzügig gestaltet mit mehreren Cafés und ein paar kleinen Souvenirläden. Wirklich schön, vor allem abends in einer lauen Sommernacht muss es hier herrlich zu sitzen sein.

Nach einer kleinen Fotosession ging es nun wieder weiter entlang der Gassen in Richtung Plaza San Juan de Dios. Von hier aus konnten wir die Oceana erkennen, wie sie zwischen den Bäumen hervor lugte.

Wieder kehrt gemacht, bummelten wir nun ein wenig durch die Fußgängerzone und klapperten mehrere Läden ab. Schnell waren erneut Klamotten gefunden, die wir uns aber vorerst zurück legen ließen; später würden wir noch einmal wieder kommen, jetzt mussten wir uns auf den Weg zum Treffpunkt mit Andreas und Maritha machen.

Auf der Plaza de la Catedral setzten wir uns schließlich wieder zu Viert in ein Café. Wir beobachteten ein wenig das Treiben und marschierten anschließend in Richtung Rathaus und zur Promenade vor. Entlang der Promenade wehte schon wieder ein etwas stärkerer Wind und an der Kathedrale bogen wir erneut in Richtung Altstadt ab.

Bild Jetzt wollten wir aber noch gerne einen richtigen Sherry probieren, wo wir uns doch sozusagen in der Sherry-Region befanden! Wir spazierten ein paar Gassen ab, als wir schließlich auf eine urige Kneipe stießen, in welcher lediglich Einheimische zu finden waren und auch nur lauter ältere Männer, die sich hier wohl jeden Tag stundenlang trafen. Da nur eine Sherrymarke vorhanden war, blieb uns die Qual der Wahl erspart. ;-) Mmmh, das war mal wieder was anderes und auch gar nicht schlecht. Hatten wir das also auch probiert. 1,- € pro (gut eingeschenktem!) Glas. Da kann man wirklich nicht meckern.

Nun hatten wir aber wirklich alles mitgenommen, was es in Cádiz zu sehen und zu erleben gibt und wir beschlossen, auch hier die restliche Zeit dem Shoppen zu widmen. Vorher aber hatten wir noch ein wenig Hunger, weshalb wir uns eine kleine Tapas-Bar suchten. So ganz klappte es mit den Tapas nicht, aber es gab dennoch eine leckere Kleinigkeit zu essen. Mit meinem Spanisch kam ich in dieser Ecke nicht sonderlich weit, der Kellner verstand kein Wort und ich ihn gleich drei Mal nicht. Ich glaube, ich sollte mal in Andalusien einen Sprachkurs besuchen. ;-)

Noch etwa eine Stunde lang in den Läden rundherum eingekauft, machten wir uns schließlich mit mehreren Taschen beladen wieder auf den Rückweg. Whow! Dass wir uns hier so lange aufhalten würden, hätten wir gar nicht gedacht. Aber es hat uns auch allen richtig gut gefallen; Cádiz ist schon eine tolle Stadt.

Als ich mich gegen halb 18 Uhr langsam wieder fürs Abendessen fertig machte, sah ich plötzlich die Oceana von P&O Cruises an uns vorbei ziehen. Mit lauter Partymusik und viel Geschrei verabschiedeten sich die Passagiere von Andalusien und machten sich auf die Weiterreise. Eine halbe Stunde später folgten wir ihnen; natürlich standen wir wieder an Reling, um die Ausfahrt zu fotografieren.

Cádiz wurde hinter uns immer kleiner und kleiner und wir begaben uns wieder ins Restaurant. Das Theater ließen wir heute ausfallen, die Show der hundert Stimmen interessierte uns nicht wirklich und wir machten es uns stattdessen lieber in der Piano Bar bei leckerem Cocktail und Wein bequem. Hier ließen wir den Abend ganz gemütlich ausklingen und freuten uns über die nach wie vor wunderschöne Reise.

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