7. Tag: Vigo (Spanien) - Ausflug nach Santiago de Compostela


Pünktlich um 10 Uhr fuhren wir in den Hafen von Vigo ein. Von unserem Balkon aus konnten wir das Anlegemanöver genauestens mitverfolgen; der Kapitän stand nur wenige Meter von uns entfernt auf der Brücke und parkte das Schiff ziemlich entspannt ein.

Weniger entspannt dagegen waren die Hafenarbeiter. ;-) Es war witzig zu beobachten, wie planlos sie beim Aufbau der Gangway waren. Als ob hier zum allerersten Mal überhaupt ein Schiff anlegen würde …

Bild Kurze Zeit später meldeten wir uns im Theater für den Ausflug an. Für heute hatten wir eine Tour nach Santiago de Compostela gebucht. Die Hauptstadt Galiciens hat mich schon lange interessiert, schon häufig hatte ich mit einem Kurztrip dorthin geliebäugelt. Perfekt, dass wir es nun mit einer Kreuzfahrt verbinden konnten.

Knapp 1 ½ Stunden fuhren wir bei strömendem Regen unserem Ziel entgegen. Es war wie verhext; das schlechte Wetter verfolgte uns Tag für Tag. Und heute war es besonders heftig. Es kam runter, was runter kommen kann. Mit jeder Minute hoffte ich auf etwas Besserung, immerhin waren wir ja doch eine Weile unterwegs. Aber mein Bitten wurde nicht erhört. ;-)

Beim Einfahren in die Stadt waren wir höchst erstaunt. Eigentlich hatten wir beide ein beschauliches Städtchen erwartet, eben einen Wallfahrtsort, ruhig und abgelegen … stattdessen fuhren wir erst einmal durch ein großes Industriegebiet, links und rechts riesige Firmenkomplexe. Das war so ganz anders als in unseren Vorstellungen.

Am Busparkplatz erhielten wir schließlich ein Audiogerät mit Kopfhöhrer. Aufgrund der zahlreichen Reisegruppen heute war das eine gute Idee. So musste unsere Reiseleiterin nicht schreien, sondern konnte ganz normal ins Mikrofon sprechen - und wir konnten alles hören, uns dabei aber auch mal weiter von der Gruppe entfernen.

Nach zehnminütigem Fußmarsch, vorbei am Parque de Monte da Almágica und durch die Porta do Camiño hindurch, erreichten wir schließlich die Kathedrale von Santiago de Compostela, das wichtigste Gebäude der Stadt.

Es gab ein großes Gedränge, dank des Regens waren meine Füße und meine Kleidung komplett durchweicht, trotz Regenschirm. Ich wollte eigentlich nur noch ins Trockene. Menschenmassen, wohin man sah. Oh - wir waren genau richtig gekommen. Es fand gerade die Heilige Messe statt.

Die Kathedrale steht über einer Grabstätte des Apostels Jakobus und ist Endziel des berühmten Jakobsweges. 1075 wurde mit dem Bau begonnen; in Form eines lateinischen Kreuzes auf einer Fläche von rund 8.300 m² und mit drei Schiffen. Die darauffolgenden Erweiterungen erfolgten schließlich in verschiedenen Stilrichtungen, weshalb die Kirche nun Romanik, Gotic, Barock, Platereskenstil und Neoklassiszismus miteinander vereint. Der Haupteingang wurde 1188 errichtet und weist über zweihundert Figuren der Apokalypse auf, an der Mittelsäule findet man den Apostel Jakob, der die Pilger willkommen heißt.

Bild Und bei all dem Pech mit dem Wetter hatten wir dann auch mal richtig Glück: Wir wurden Zeuge eines ganz besonderen Spektakels, welches wohl nur selten gezeigt wird und nicht vorab geplant, sondern nur vor Ort im Pilgerbüro erfragt werden kann: Der Schwenk des Weihrauchkessels.

An einem 30 Meter langen Seil wird ein fast mannsgroßes Weihrauchfass - der botafumeiro - aus silbernem Messing heruntergelassen und von mindestens acht Männern in Bewegung gesetzt. Dicht über den Köpfen der Pilger schwingt das Weihrauchfass bis hoch unter die Decke der Seitenschiffe. Die Männer haben dabei ganz schön viel Kraft aufzuwenden, sie hängen sich förmlich an die Seile. Ursprünglich dienten die dicken Weihrauchschwaden dazu, die heftigen Körpergerüche der Pilger, die ganze Nächte hier verbrachten und beteten, zu überdecken.

Dieses Spektakel war wirklich toll anzusehen. Der riesige Kelch, die Kraftaufwendung der Geistlichen - es war mucksmäuschenstill in der Kirche, jeder sah wie gebannt dabei zu, wie der Kelch immer höher und höher kam und fast schon die Decke streifte. Sehr faszinierend!

Nach der Messe wurde die Kirche schlagartig leerer. Es war zwar immer noch viel los, aber man hatte wieder etwas mehr Platz um sich herum. Wir besuchten die unter dem barocken Altar liegende Krypta des Apostels Jakob. Ein enger Gang, ein Sarg, mehr war da nicht.

Fast zwei Stunden hielten wir uns in der Kathedrale auf, hier gibt es unheimlich viel zu sehen und wir haben auch sehr viel darüber erfahren.

Eigenheiten hat sie aber auch: Die an der Ostseite befindliche Puerta Santa, die Pforte der Vergebung, ist grundsätzlich zugemauert. Nur, wenn der Namenstag des Apostels, der auch Nationalheiliger Spaniens ist, auf einen Sonntag fällt (25. Juli), feiert man in Spanien das "Heilige Jahr". Dann wird der zugemauerte Eingang für Pilger und Besucher geöffnet.

Bild Nach der ausgiebigen Besichtigung der Kathedrale hatten wir schließlich noch freie Zeit zur Verfügung, die wir für einen eigenen Stadtrundgang nutzten. Das Wetter war inzwischen besser geworden, trocken, außerdem kamen leichte Sonnenstrahlen hervor. Juhuu!

Gemeinsam mit einem netten Schweizer, den wir schon vor einigen Tagen kennen gelernt hatten und der zufälligerweise in unserer Gruppe war, spazierten wir zunächst in ein nahe gelegenes Café. Wir hatten Durst und Lust auf einen Kaffee, danach konnte die Sightseeingtour weiter gehen.

Hinterhalb der Kathedrale befindet sich das Kloster San Martín Pinario, ein Benediktinerkloster aus dem 10. Jahrhundert. Es wurde ursprünglich erbaut, um die sterblichen Überreste der Apostel zu bewahren. Davor sind wunderschön angelegte Gärten zu sehen.

Weiter ging es schließlich durch die kleinen Gassen der Stadt. Hier, im Altstadtkern, war Santiago dann doch so, wie wir es uns immer vorgestellt hatten: beschaulich und ruhig. Lagen wir also doch nicht ganz falsch. ;-)

Viele Sehenswürdigkeiten an sich bietet die Stadt zwar nicht, sie ist aber im Insgesamten sehr sehenswert. Eine tolle spanische Stadt mit viel Flair. Interessant war, dass uns hier tatsächlich ständig Pilger entgegen kamen. Manche sahen wirklich danach aus, als wären sie schon wochenlang unterwegs gewesen, andere wiederum wirkten eher, als hätten sie sich im Hotel schnell als solche umgezogen. ;-)

Ebenfalls sehr interessant ist das Hospital de los Reyes Católicos, das seit 1509 als königliches Hospitz diente. Heute ist es eines der luxuriösesten Paradores-Hotels und eines der ältesten Hotels der Welt. Ich möchte wetten, dass sich viele der Pilger als Belohnung ihrer langen Reise zum Abschluss des Jakobsweges hier einbuchen. :-)

Die belebteste Straße ist die Rúa do Franco, hier befinden sich zahlreiche Restaurants und Bars mit galizischen Spezialitäten, in den Abendstunden erwacht hier das (spanische) Leben.

Um 15 Uhr war dann auch schon wieder Treffpunkt an der Kathedrale, wir gingen zurück zum Parkplatz und fuhren die knapp 60 km zurück nach Vigo.

Bild Der Ausflug nach Santiago de Compostela hat mir richtig gut gefallen. Ich war glücklich, endlich mal hier gewesen zu sein und die Stadt mal mit eigenen Augen gesehen zu haben. Natürlich könnte man sich hier noch viel länger aufhalten, auch der neue Teil der Stadt ist sehenswert und bietet viele Möglichkeiten, ebenso sah die nähere Umgebung recht vielversprechend aus. Aber wer weiß, vielleicht kommen wir ja mal wieder hierher zurück.

Im Hafen von Vigo angelangt, spazierten wir noch in das direkt daneben liegende Einkaufszentrum Pontevedra. Das sah ganz nett aus, hier wollten wir noch etwas bummeln. Doch allzu lange hielten wir uns nicht auf, es wirkte ziemlich verlassen und besonders viele Läden gab es hier auch nicht.

Das Auslaufen aus dem Hafen um 18 Uhr beobachten wir dieses Mal ganz gemütlich vom Balkon aus und machten uns fertig für den Abend.

Nach dem Abendessen ging es üblicherweise wieder ins Theater. Für uns unbekannt, für viele Engländer durchaus ein Begriff, trat ein junger, englischer Geiger namens David Klinkenberg auf. Ähnlich wie Deutschlands David Garret.

Die ersten zwei Lieder waren noch ganz gut, irische, melodische Stücke. Doch ab dem dritten Lied kam mir alles irgendwie gleich vor und von Mal zu Mal wurde es schriller und aggressiver. Ich mache so etwas ja normalerweise nicht, aber dieses Mal wollte ich die Show definitiv nicht bis zum Schluss sehen. Schon relativ frühzeitig verabschiedeten wir uns. Nö, das war dieses Mal so gar nicht unser Geschmack.

Stattdessen suchten wir uns für den restlichen Abend einen schönen Platz an der Martini Bar und bestellten uns zwei Cocktails. Diese Bar ist eine kleine Besonderheit für sich: Die Theke besteht aus Eis, die Getränke sind daher immer gut gekühlt. Eine tolle Idee, das gefiel mir. Die Bar-Leute hatten auch ihren Spaß. Aus jedem Cocktail machten sie eine kleine Show und shakerten herum.

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Fotoalbum Vigo/Santiago de Compostela


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